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  Songwriter, Maler, Sänger und Frontmann
Text und Interview: Maximilian Marti Foto links: Michael Schär
Foto rechts: Rob Lewis
Seit über 30 Jahren gehört die Berner Band Patent Ochsner zur musikalischen Skyline der Schweiz. Der Siegeszug der Mundart-Rockband begann 1991 mit ih- rem ersten Album Schlachtplatte. Mit eingängigen Texten, Ohrwurm-Melodien und seiner unverkennbaren Stimme na- vigierte Gründer und Frontmann Büne Huber seine Band zielsicher in den Olymp des musikalischen Schaffens: Das neue, am 11. Februar 2022 veröf- fentlichte Album MTV Unplugged Ton- bildshow, wurde am 12. und 13. Oktober 2021 im ausverkauften Casino in Bern aufgezeichnet. Wie es dazu kam, erzählt er uns selbst:
Büne Huber: Als wir die Anfrage erhielten, waren wir mit ganz anderen Sachen be- schäftigt. Es war in der Zeit, in der niemand wusste, was in absehbarer Zukunft mach- bar sein wird und was nicht. Wir versuchten verzweifelt, für die ganze Band trotzdem einigermassen verlässlich zu planen. Wir arbeiteten tagelang an Strategien – von PlanAundBbisPlanDundF.Umdieses Konstrukt nicht zu gefährden, wollte ich zuerst nicht auf den Vorschlag eingehen. Ich muss weit und breit der Einzige gewe- sen sein, der nicht realisierte, was diese Anfrage genau bedeutete, bis die anderen mich aufklärten: «Spinnsch eigentlich? Das isch jetzt würklich de Ritterschlag!» Erst da wurde mir klar, was das für eine Riesen- sache ist, welche Chance uns da geboten wird. Also packten wir’s mit Schreiben und Proben für MTV Unplugged an. Coronabe- dingt ging das zuerst nur zu viert in einer Baracke. Später, als dann die Band und die Technik dazukam, waren plötzlich 75 Leute mit im Boot und als die Show im Casino aufgezeichnet wurde, waren – inklusive verschiedenen Film-Teams, Technik, Gra- fik, Catering und Logistik – rund 120 Leute dabei. So etwas ist eine spezielle Erfahrung, wir waren noch nie an einem so riesigen Projekt beteiligt und darum schon ein biss- chen stolz, dass Patent Ochsner als erste Schweizer Band zu diesem Handkuss kam.
Jemand, der ein Lied wie, ‹W. Nuss vo Bümpliz› schreibt, muss reichlich gesegnet sein mit Humor. Welche Rolle spielt dieser in Deinem Leben?
Ich lebe gerne mit vielen Facetten. Dazu gehören natürlich auch nachdenkliche, me- lancholische und philosophische Momente, aber Humor spielt die Hauptrolle. Ich liebe es, Unfug zu treiben, herumzublödeln und andere auch dazu anzustiften. Ich will ein schönes Leben haben, umgeben sein von tollen Leuten, welche diese Einstellung mit mir teilen und die Sache in Bewegung hal- ten. Daneben ist Platz zum Nachdenken. Während wir hier reden, wird die Welt von einer Krise zur anderen geschüttelt – das geht nicht spurlos an mir vorbei. Es gibt ei- nen philosophischen Ansatz von Jean Geb- ser, der in Wabern beerdigt ist. Nach seiner Meinung sollten wir uns einen Fundus von Welten schaffen, die unser Dasein lebens- wert machen. Welten auf die wir im richtigen Moment Zugriff haben: eine Märchenwelt, die Phase des Lernens, der Berufstätigkeit, der Geselligkeit und der Trauer, aber eben, auch des Humors. Richtig gehandhabt, funktioniert das für mich tadellos: So kann ich ein kleiner Bub mit Flausen im Kopf, ein alter Mann mit Lebenserfahrung, Familien- vater, Musiker und Künstler sein.
Wobei wir beim nächsten Thema sind: bei Deinen Bildern.
Malen steht für mich in direktem Zusam- menhang mit Komponieren und Song-
schreiben, das mache ich alles gleichzeitig. So, wie Ideen beim Malen entstehen und mit Farbe umgesetzt werden, passiert das- selbe beim Songschreiben und Komponie- ren, wobei mit Stift und Ton gearbeitet wird. Darum habe ich am liebsten alles um mich herum: Pinsel, Farben, Leinwand, Schreib- zeug und Papier, Gitarre und Klavier. So können sich alle Sinne kreativ austoben und die Ergebnisse dürfen ineinander fliessen. Was für andere nach Chaos aussieht, ist für mich das ideale schöpferische Umfeld. Ich bin einfach so. Wenn ich nicht male, wird ein Text ganz anders. Malen verändert meine Sprache, darum jongliere ich auch damit auf meinen Bildern. Ich brauche grundsätz- lich möglichst viele Inspirationsquellen, weil meine Fähigkeiten recht begrenzt sind, voilà.
Hast Du nie eine internationale Karriere angestrebt?
Obschon ich fernwehleidig bin, wollte ich in meiner Sprache bleiben, die ist mir wichtig. Wir haben in Klubs in Deutschland und Ös- terreich gespielt, aber irgendwann hatte ich keinen Bock mehr, 17 Tage in einem Night- liner durch Deutschland zu fahren. Jetzt bin ich lieber eine alte, faule Sau, geniesse meine Familie, meine Kinder, meinen tollen Freundeskreis, male und mach nebenbei noch etwas Musik.
www.patentochsner.ch
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