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 Fräuleinwunder ...
Text und Interview: Maximilian Marti Foto links: Marco Stuber
Foto rechts: Tabea Hüberli t13.ch
in meinen Büchern blättere, lese ich so etwas wie einen Erlebnis- bericht, bereichert mit den An- sichten anderer, die sich aus Dis- kussionen ergeben haben, und verlockenden Seitenpfaden, de- nen ich folgen durfte – im Gegen- satz zu meinen Song-Texten. So schreiben zu dürfen, liegt mir ex- trem und macht enormen Spass.
Für Ihre Bühnenshows basteln Sie Ihre Props selber. Hat Ihnen diese handwerkliche Arbeit im 2020 nicht gefehlt? Natürlich, darum entstand die Idee zu einem Kalender mit ei- genen Zeichnungen und Texten für jeden Tag. Da uns Künstlern
die Gelegenheiten für Auftritte auf unbe- stimmte Zeit entzogen war, wurde dieses Projekt zum Haupt-Ventil meiner Schaffens- Energie. So einen Kalender zu planen, den Prototypen herzustellen und produktions- tauglich zu machen, verlangt nach vielem mehr, als das Auge sieht – aber es wurde ein Erfolg. Weil nur ein einziges Stück übrig war, blieb mir nichts anderes übrig, als auch fürs 2022 einen in Angriff zu nehmen. Klar, dass nebenbei Material entstand für mein neues Bühnen-Programm, aber das ist eine andere Geschichte.
 ... wurde als Begriff geprägt 1950er-Jahren von den amerikanischen GIs. Er stand für junge, attraktive, mo- derne, selbstbewusste und begehrens- werte europäische Frauen der Nach- kriegszeit im deutschsprachigen Raum. Genau diesem Profilbild entspricht Irene Brügger, wenn sie als Frölein Da Capo auf der Bühne steht. Unter diesem Künstlernamen hatte sie 2007 ihren ers- ten Auftritt als Solokünstlerin und wurde dafür gleich mit dem kleinen Prix Walo in der Sparte Comedy ausgezeichnet. Ihre Bühnengarderobe ist purer, selbstge- nähter Fifties-Look mit allem Drum und Dran. Recent Highlights: Seit 2017 unter- wegs mit Adrian Stern, Roman Riklin und Daniel Schaub als Seconhand Orchestra. Aktuelles Programm: Queen’s Freddie – die Mundartshow. Ausserdem schrieb die vielseitige Künstlerin Kolumnen für die Luzerner Zeitung und die «Schweizer Familie», gefolgt von den gesammelten Werken in Buchform mit den Titeln «Bun- tes Treiben» und «Einmal um den Baum». 2019 wurde sie ausgezeichnet mit dem Swiss Comedy Award in der Kategorie «Solo» und brachte ihren ersten «Tages- abreisskalender» auf den Markt. Alle Kleinkunst-Aficionados kennen Frölein Da Capo und ihre Auftritte schweizweit und darüber hinaus. Nur der Leserschaft der entsprechenden Medien ist bekannt, dass sie auch Autorin ist.
Frölein Da Capo, Wie begann Ihre zweite Karriere als Autorin?
Irene Brügger: Irgendwann, es war 2013 oder 2014, kam jemand von der Luzerner Zeitung auf mich zu mit der Anfrage, ob ich sporadisch Kolumnen für sie schreiben möchte. Vielleicht war mein Newsletter ausschlaggebend. Geschrieben hatte ich ja schon immer, schon mal die Texte für meine Programme, dann eben, für meinen Newsletter und auch privat, in einer ganzen Menge angefangener Tagebücher. Davon kriegte ich nie eines fertig. Irgendwie wird es langweilig, Chronik zu führen über den ei- genen Alltag, dazu verfügen wir ja über das Erinnerungsvermögen, das auch gefüttert
in den
Freddie – die Mundartshow
werden will, wenn es funktionieren soll. Was mich hingegen immer faszinierte, ist, Ideen, beobachtete, erlebte und betrachtete Vor- kommnisse schriftlich festzuhalten und in unterhaltsame Lektüre zu verpacken, in Ge- schichten, die amüsieren. 2015 wurde ich von der Schweizer Familie angefragt, ob ich Kolumnen schreiben würde als Nachfolge- rin von Milena Moser, welche diese Aufgabe acht Jahre lang erfüllt hatte. Ich fühlte mich inzwischen routiniert genug, versehen mit genügend Material im Gepäck, und sagte zu. Es sind mittlerweile sechs spannende, interessante Jahre, die mich gefordert, aber auch gefördert haben.
Vor dieser Allianz genossen Sie den schriftstellerischen Freiraum, über Ihre Zeit produktiv verfügen zu können. Jetzt standen Sie plötzlich in der Verpflichtung, termingerecht zu liefern. Wurde das nicht zur Tortur?
Im Gegenteil, das ist für mich das einzig Richtige. Ich brauche Deadlines, um auf produktive Betriebstemperatur und -leis- tung zu kommen. Unter Druck arbeite ich am besten, weil ich mich intensiver konzen- trieren muss. Dafür habe ich vollkommene Freiheit in der Wahl meiner Themen inner- halb der Verlags-Richtlinien. Der Alltag war immer und ist mein Ideen-Lieferant, dieser Rohstoff deckt meinen persönlichen Bedarf und den meiner Bühnen-Figur optimal. Die Kolumnen sind eine Erweiterung meiner Bühnen-Nummern, nur dass ich mich hier noch detaillierter ausleben kann. Wenn ich
Erhältlich über www.einfrauorchester.ch
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