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 «Ich sagte mir: Jetzt geniess’ es doch einfach!» Text und Interview: Regula Elsener Steinmann
 Fotos: Athletix.ch / Ulf Schiller
Keine Schweizerin sprang je so hoch wie sie: Im Juni 2021 erreichte Salome Lang innerhalb einer Woche erst sagen- hafte 1.96 Meter und dann gar 1.97 Meter. Damit stellte die Baslerin einen neuen Schweizer Rekord auf – und sicherte sich ihr allererstes Olympia-Abenteuer.
Im Gespräch für «Best Of Nordwest» zeigt sich schnell: Wenn Salome Lang nicht ge- rade in die Luft abhebt, steht sie mit bei- den Beinen auf dem Boden. Trotz Sport auf Weltspitze-Niveau machte sie ihren Bachelor in Betriebswirtschaft. Nach dem Studium in St. Gallen kehrte sie in ihre Hei- matstadt zurück und absolvierte zuletzt ein Hochschulpraktikum im Bereich Innova- tionsmanagement bei der SBB.
In Basel fühlt sie sich nach wie vor sehr wohl: «Unseri Stadt isch gross und doch klei und persönlig». Zudem trainiert sie seit Jahren beim LAS Old Boys Basel. Zum Hochsprung kam sie quasi per Zufall: Vorerst nur als Be- gleitung ihrer besten Freundin schnupperte sie als Sechsjährige erstmals Leichtathle- tik-Luft – und war sofort begeistert. Mit den Jahren wurde immer klarer, wo ihre wahre Stärke liegt.
Stimmt es eigentlich, dass Sie Hoch- sprung machen, weil Sie in anderen Disziplinen die Schlechteste waren? (Lacht herzhaft.) Na, so würde ich das nicht gerade sagen! Richtig ist aber: Ich habe einige Jahre lang von Hürdenlauf über Weitsprung bis zum Sprint alles betrieben - wie das in der Leichtathletik üblich ist. Bei einem Schülerwettkampf zeigte sich dann, dass ich in den anderen Disziplinen im hin- teren Feld war, im Hochsprung dagegen ganz vorne. Da lag die Spezialisierung auf der Hand.
Mit 1.80 Meter sind Sie ja auch prädes- tiniert dazu. Hat Ihnen Ihre Grösse je Sorgen gemacht?
Im Teenageralter fand ich es tatsächlich nicht so toll. Da ist man phasenweise oh- nehin unsicher und fühlt sich nicht immer wohl in seiner Haut. Aber ich gewöhnte mich daran – und als Hochsprung-Athletin ist es
auf jeden Fall ein Vorteil. Inzwischen weiss ich auch, welche Hosenmarke ich kaufen muss, damit sie über meine Knöchel rei- chen. (lacht)
Ein Höhepunkt in Ihrer bisherigen Kar- riere war die Teilnahme an den Olym- pischen Spielen in Tokio 2021. Sport- lich lief es nicht ganz wie erhofft. Wie schauen Sie zurück?
Mit einem sehr schönen Gefühl - auch wenn ich meine Ziele nicht erreichen konnte. Es war ein unheimlich eindrückliches Erlebnis dabei zu sein und in dieser Kulisse springen zu können. Diese Erinnerung möchte ich mir nicht mit negativen Gedanken vermiesen.
Gibt es – mit etwas Abstand – eine Ver- mutung, warum es nicht geklappt hat mit dem Finaleinzug?
Eine Erklärung dafür habe ich nicht, aber ich kann es akzeptieren. Es lief vor Tokio si- cher nicht alles optimal. Zu Beginn der Sai- son änderte ich meinen Anlauf und musste mich erst an die Umstellung gewöhnen. Gleichzeitig wollte ich unbedingt die Olym- pia-Qualifikation schaffen. Leider kämpfte ich schon da mit Rückenproblemen, über die aber nur mein engstes Umfeld Bescheid wusste. Ich stand teils vor der Frage, ob ich überhaupt weitermachen kann. Das alles setzte mich stark unter Druck. Irgendwann sagte ich mir: «Vielleicht ist das deine letzte Saison, jetzt geniess’ es doch einfach!» Und siehe da: Endlich konnte ich im Kopf loslas- sen. Kurz darauf schaffte ich die 1.97 Me- ter bei den Schweizermeisterschaften und
damit die Qualifikation. An den Spielen selbst konnte ich diese Leistung leider nicht wiederholen, obschon ich körperlich fit war. Doch mit solchen Ups and Downs muss man als Sportlerin oder Sportler umgehen können.
Sie sprachen Ihren Rücken an: Kurz nach Olympia brachen Sie die Saison
ab und unterzogen sich einer OP an der Diskushernie. Wie geht es mit der Reha voran?
Wäre diese Frage vor ein paar Tagen ge- kommen, hätte ich gesagt: Sehr gut! Ich habe Schritt für Schritt mit dem Aufbautrai- ning angefangen – und mir dabei kürzlich einen Bänderriss zugezogen.
Nein!
Doch, leider. Das war natürlich ein Schock und wirft mich in der Saisonvorbereitung stark zurück. Aber es ist nicht zu ändern. Inzwischen kann ich auch die positiven Sei- ten einer solchen «Zwangspause» sehen: Ich habe mehr Zeit für mich und meine Fa- milie und geniesse es, einfach mal spontan Freunde zu treffen. Zudem bereite ich mich auf mein Masterstudium vor. Daneben ver- liere ich die sportlichen Ziele nicht aus den Augen, das ist klar.
Sie wollen also nach wie vor die zwei Meter erreichen?
(Sehr spontan) Ja! Ich weiss noch nicht wann, aber ich glaube fest daran, dass ich es schaffe!
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