Page 81 - Bo_Nordwest_13
P. 81

 «Humor und eine Spur Wahnsinn»
Text und Interview: Janine Tschopp Fotos: zVg
Philippe Gerber: die Morgenstimme bei Radio SRF 3. Er liebt seinen Beruf und empfindet es als eine grosse Bereiche- rung, so nahe bei seinen Hörerinnen und Hörern zu sein. Als Moderator der Ra- dio SRF 3-Morgensendung ist Philippe Gerber der menschliche Wecker vieler Schweizerinnen und Schweizer.
«Hoi Philippe», sagt eine Frau mit einem grossen Strahlen in der Rheinfelder Markt- gasse. «Oh, bitte entschuldige», meint der sympathische Radiomann und fährt fort: «Es tut mir so leid, aber je älter ich werde, desto schlechter kann ich mir Gesichter merken. Ich weiss gerade nicht, wer du bist.» «Du kannst mich gar nicht kennen», beruhigt ihn die Frau. «Ich kenne dich aber. Vor allem höre ich dir jeden Morgen zu und bin überglücklich, dass ich dich endlich ein- mal persönlich treffen darf. Der heutige Tag ist für mich das Highlight des Jahres», sagt sie voller Begeisterung. Es kommen noch weitere Damen dazu, und die Freude ist auf allen Seiten riesig. Die Frauen freuen sich, ihren «Radiostar» endlich persönlich zu treffen, und Philippe Gerber fühlt sich ein- mal mehr in seiner Meinung bestätigt, den schönsten Job der Welt ausüben zu dürfen.
Seine Arbeit ist seine Leidenschaft
«Es ist schön und ein grosser Vertrauens- beweis, so nahe bei unseren Hörerinnen und Hörern zu sein», sagt Philippe Gerber nach dieser herzlichen Begegnung auf der Strasse. Der Radiomoderator liebt seine Arbeit, das wird während des Gesprächs mehrmals deutlich. Die Arbeit sei in mehrer- lei Hinsicht bereichernd. Einerseits durch die Beziehung zur Hörerschaft, andererseits auch durch die immer wieder spannenden Themen, mit denen sich Radiomoderatoren und Radiomoderatorinnen tagtäglich aus- einandersetzen. «Viele Themen sind uns anfangs noch fremd. Nachdem wir uns da- mit beschäftigt und die Sendung für unsere Hörerinnen und Hörer vorbereitet haben, sind es plötzlich unsere eigenen Themen.» Entscheidend bei seinem Beruf sei, den Hörerinnen und Hörern auf Augenhöhe zu begegnen und ihren Nutzen immer in den Vordergrund zu stellen. «Es ist wichtig, dass
Philippe Gerber (r.) und sein Moderationskollege Marco Thomann (l.) haben schon viel zusammen erlebt.
 sie ein gutes Gefühl haben, während sie uns zuhören», ist Gerber überzeugt.
Ein gutes Gefühl hat auch er.
Denn ein für ihn wichtiger Punkt ist, in jeder Situation sich selbst zu sein. «Bodenstän- digkeit und Ehrlichkeit sind das A und O. Wenn man ehrlich ist, kann fast nichts pas- sieren.» Selbst bei einer technischen Panne helfe es, den Hörerinnen und Hörern ge- genüber offen und ehrlich zu sein. Seit Mai 2021 moderiert Philippe Gerber die Radio SRF 3-Morgensendungen jeweils während drei Wochen pro Monat gemeinsam mit sei- nem Kollegen Marco Thomann. Diese Zu- sammenarbeit ist extrem inspirierend und eine zusätzliche Motivationsspritze für den 47-Jährigen. Er schwärmt davon, wie gut sie beide als Team funktionieren und wie- viel Spass es ihnen mache, die Schweiz als Duo in den Tag zu begleiten und auch viele weitere Projekte zu bestreiten.
Seit 1996 mit dem Radiovirus angesteckt
Schon als Bub wusste Philippe Gerber, dass er einen Beruf lernen möchte, bei dem er mit Menschen zu tun hat. Er absolvierte die Ausbildung zum Bewegungstherapeu- ten und arbeitete in einer Physiotherapie- Praxis. «Der Zufall wollte es, dass mein Leutnant im Militär bei einem Privatradio arbeitete.» So begann Philippe Gerber 1996 bei Radio Edelweiss als freier Mitarbeiter. Er arbeitete bei verschiedenen Stationen, bis er 2008 bei Radio SRF 3 (damals DRS 3) anfing. Vorwiegend Morgensendungen moderiert er seit Anfang 2015.
Eine weitere Option für Philippe Gerber, der in Allschwil aufwuchs und seit 2008 mit seiner Familie in Rheinfelden lebt, wäre ein handwerklicher Beruf gewesen. Er liebt es zu hämmern, sägen, streichen und zu bas- teln. So glücklich er in seinem Beruf ist, manchmal vermisst er ein fertiges Produkt dabei. Obwohl eine Sendung auch ein Pro- dukt ist, das aber, kaum produziert, wieder Geschichte ist. Schon sitzt man in der Be- sprechung für die nächste Sendung. «Ich glaube, das hält jung», sagt Philippe Gerber, der immer Vorteile sieht. Er ist ein sehr posi- tiver, humorvoller Mensch und steckt sein Umfeld mit seinem Optimismus an. «Ja, ein bisschen Humor und eine Spur Wahnsinn braucht es schon.»
Apropos Humor:
Er verrät einen weiteren früheren Berufs- wunsch: Clown. «Insbesondere der melan- cholische Teil des Clowns hat mich immer fasziniert. Und das Verspielte, was diese Fi- gur ausdrückt.» In Philippe Gerber stecken sehr viele Talente und Leidenschaften. So war er in jungen Jahren in seiner Freizeit auch ein leidenschaftlicher Musiker. In der Schulzeit spielte er Klavier und später Bass im Rock-Trio «Disgroove» und war mit der Band auch international unterwegs.
Nun ist er angekommen.
Angekommen beim Radio, in seinem Team, bei seinen Hörerinnen und Hörern. Und den Groove erlebt er täglich, wenn er um halb vier Uhr im Studio in Zürich eintrifft und zusammen mit Marco Thomann den SRF 3-Morgen rockt.
 821

















































































   79   80   81   82   83