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 Michael Elsener – clever & smart
Text und Interview: Bianca Ritter Foto: Philippe Hubler
Michael Elsener ist schnell, aktuell und charmant. Oder parat, wie man heute auch sagen würde. Der Zuger zählt zu den erfolgreichsten und besten Come- dians der Schweiz. Hier und heute ein paar Fragen und einige der möglichen Antworten.
Lieber Michael Elsener, mit Blick auf das Foto links: Ist das Ende der Welt nah? Ich glaube, das Ende der Welt ist schon pas- siert. Ich frage mich echt: Was ist eigentlich los mit uns? Aus Erzählungen von älteren Freundinnen und Freunden nehme ich mit: Vor 50 Jahren war die Grundstimmung viel mehr in Richtung Aufbruch. Wenn ich aktu- ell die News lese, sehe ich: Das Klima ist am Arsch, wir versorgen ärmere Länder nicht mit Impfstoff – aber debattieren wochen- lang über das Shirt von einem Ueli, der so tut, als wäre er Bundesrat.
Dein aktuelles Programm «Fake me happy» gilt als Comedy-Highlight des Jahres. Mit wieviel Fake leben wir eigent- lich? Und was würde uns stattdessen happy machen?
Wir sind extrem gut darin, uns auf Insta- gram vor anderen happy zu faken. Heute noch mit den neusten Moonboots auf dem Jungfraujoch, morgen mit einem Himbeer- Acovado-Chia-Samen-Smoothie in Berlin Mitte. Da bin ich auch Teil von. Aber wirklich glücklich macht mich: jeden Morgen im Zu- gersee schwimmen gehen und eine Stunde meditieren.
Split, der Film, war beängstigend. Du hin- gegen vereinst als bewusst witzige «mul- tiple Persönlichkeit» unzählige Schwei- zer Promis und Politiker. Wurde Dir das Parodieren in die Wiege gelegt? Parodieren ist eigentlich wie Musik ma- chen. Ich versuche die Sprachmelodie ei- nes Bundesrates nachzusingen und mache Aussagen, die diese Person nie und nimmer so machen würde. Ich mache andere nach, wenn ich sie zu häufig sehe oder sie mir auf die Nerven gehen. Sprich, dass ich aktuell den Gesamtbundesrat parodiere, das hat sich sehr natürlich ergeben.
Du beobachtest das Zeitgeschehen kri- tisch und antwortest nicht selten prompt mit satirischen Videos. Wie schnell baut sich so ein Satire-Clip auf? Was steckt dahinter?
Ich lese zunächst ganz viel. Jede Studie. Jeden Bericht. Pro und Contra zu einer Ab- stimmungs-Vorlage. Ich will alles wissen. Ich treffe mich mit Expertinnen und Experten. So versuche ich herauszufinden, was der Kern der Sache ist und welche Geschichte ich damit erzählen kann. Wenn die Story steht, hänge ich Pointen rein. Dann werden alle Fakten nochmals von meinen Faktenchecke- rInnen überprüft. Und dann wird gefilmt, ge- schnitten und animiert. Ich mache das, weil ich es schwierig finde, dass sich immer weni- ger Menschen an Abstimmungen beteiligen. Ich sehe den Grund darin: Sich über Politik zu informieren ist unglaublich aufwändig und anstrengend. Darum sage ich: Ich checke al- les für euch durch und präsentiere euch am Ende einen amüsanten Cocktail.
Du bist schon mit 14 erstmals als Stand- up-Comedian auf einer Zuger Bühne ge- standen. Warst Du schon in der Schule das «Mondkalb« der Klasse?
Ich würde sagen Nein. Ich habe in der Schule schnell gemerkt, wenn ich zu fest auffalle, dann geht das auf Kosten mei- ner Freizeit, weil ich nachsitzen muss. So habe ich mir meine Scherze aufgespart für Theater-Aufführungen und andere Bühnen- Shows, die man an meiner Schule machen konnte. Oder für Verwandten-Feiern. Meine Mutter sagte jeweils: «Michael, es ist witzig, dass du deinen Onkel imitieren kannst. Aber warte doch damit, bis er gegangen ist.»
Corona ist natürlich oft ein gefundenes Fressen für Satiriker und Comedians. Wie stehst Du als Privatmensch zu den Mass- nahmen? Hast Du auch Angst?
Auch wenn ich jeweils Witze über Regie- rungsmitglieder mache, habe ich grund- sätzlich grosse Wertschätzung für jene Menschen, die solche Aufgaben überneh- men. Ich möchte diesen Job derzeit nicht machen müssen. Allerdings finde ich es schon auch schwierig nachvollziehbar, wie man derart strategielos agieren kann.
Du trittst vor allem hierzulande, in deut- schen Gefilden und auch in New York auf.
Warum gerade New York? Und was ist an- ders bei einem Auftritt dort drüben?
Es war immer ein Traum von mir, auf den gleichen Comedy-Bühnen aufzutreten wie meine Vorbilder aus den USA und England. Wenn ich auf diesen Bühnen stehe, spüre ich die ganze Tradition dieser Kunstform der Stand-up-Comedy. Die Konkurrenz ist riesig. Gleichzeitig ist der Support un- ter den Comedians unvergleichlich. Man kommt von der Bühne und bekommt von links und rechts Anregungen, wie man sei- nen Auftritt noch weiter verfeinern kann.
Man attestiert Dir ja durchaus viel Charme. Wie clever und smart bist Du wirklich? Was für ein Mensch bist Du ab- seits der Bühnen?
Meine Freundinnen und Freunde sagen mir, ich sei ein guter Zuhörer. Ich könne beispiels- weise bei Liebeskummer jene Fragen stellen, die einem helfen, aus der Situation wieder herauszukommen. Ich kann aber zum Bei- spiel auch sehr gut viel Schokolade essen.
Was triggert Dich? Welche Leiden- schaften und Passionen verfolgst Du als Privatmensch?
Wenn ich jetzt grad frei hätte, würde ich gern wieder zwei Wochen surfen gehen. Und viel Beachvolleyball spielen. Weil das Klima der- zeit anderes verlangt, werde ich mal wieder ein paar Gerichte nachkochen, die ich in Re- staurants gegessen habe. Und ja, ich werde ein paar Bücher lesen und mit meinen Freun- dinnen und Freunden tanzen gehen.
Nochmal zurück zur Weltlage. Was wür- dest Du, wenn Du die Power hättest, än- dern auf unserem Planeten?
In Anbetracht unserer globalen Entwick- lungen unterstütze ich den Vorschlag von Elon Musk: Wir sollten ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen. Wir werden dadurch nicht fauler, sondern innovativer. Und vor allem werden wir so alle überleben. Zumindest einkommensmässig. Und das sollte ja eigentlich unser Ziel sein. Ich habe gerade ein funny Video dazu publiziert.
Vielen Dank, Michael, für das erfrischende Gespräch. Und: «Please don’t fake me happy!»
michaelelsener.ch
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