Page 67 - Bo_Zug_16
P. 67

«Ich habe mich selbst neu kennengelernt»
Text: Regula Elsener Steinmann Fotos: CH Media
«Die Welt ist in Zug daheim.» Nein, das ist kein Werbespruch für Zug Tourismus, sondern vielmehr die Hartmann’sche Begeisterung für seine Heimat: Tatsäch- lich wohnte TV-Moderator Nik Hartmann lediglich ein paar Jahre nicht in dieser Region. Das ist lange her.
In 90ern zog er für sein Jura-Studium nach Bern, kehrte aber bald zurück und lebt heute mit seiner Familie in Buonas. «Inte- ressant ist, dass nicht nur die Stadt selbst eine gewisse Internationalität ausstrahlt, sondern auch die umliegenden Dörfer.» Das habe ihm stets gefallen. «Ich hatte nie das Gefühl, ich müsse unbedingt ausbre- chen aus dieser Umgebung.»
Das tat er dafür beruflich – und sorgte damit für Aufsehen: Nach 20 Jahren als Radio- und Fernsehmoderator bei SRF wechselte er 2020 zum Medi- enkonzern CH Media. Hier ist er gemeinsam mit Miriam Martino für die Entwicklung von Eigen- produktionen bei den natio- nalen Sendern zuständig und damit Herr über Formate wie «Der Bachelor», «Bauer, ledig, sucht» oder «Höhle der Löwen».
Seit seinem Abschied bei SRF wird er in fast jedem Interview gefragt, ob er den Wechsel denn nicht bereue. Wenig über- raschend lautet Hartmanns Antwort jeweils: «Nein.» Da ha- ken wir mal nach.
mich: Wo kommt die nächste Abzweigung? Und hatte das Glück, diese Chance bei CH Media zu bekommen. Hier konnte ich den nächsten Schritt wagen – und habe mich neu kennengelernt.
Inwiefern?
(Überlegt einen Moment) Ich versuche ge- rade, was sich da hochphilosophisch in meinem Kopf entwickelt, in Worte zu fassen (lacht): Sehen Sie, bei SRF war ich zuletzt etwas in Sorge um mich selbst und dachte: Besser kann es doch nicht werden, wo führt das also hin? Solche Gedanken beschäfti- gen mich nicht mehr. Ich bin gelassener, habe gelernt, nicht mehr so hohe Erwartun- gen an mich zu stellen. Noch immer bin ich sehr kritisch, aber nun auch gnädiger mit mir selbst. Denn in den letzten Monaten ist so viel passiert, da darf man auch mal
Veränderung bedeutet. Ich könnte Tag und Nacht arbeiten. Es gibt so viele Projekte, die angepackt werden wollen. Zudem hatte ich zu Beginn von vielen Dingen keine Ah- nung und lerne noch immer jeden Tag dazu. Mein Team hat mir zum Glück stark gehol- fen. Der Spirit in dieser Mannschaft ist fan- tastisch und gibt mir viel Energie. Meine Familie wiederum zeigt mir, dass noch an- deres im Leben zählt. Denn man darf nie vergessen: Am Ende des Tages mache ich «nur» einen Job.
Mit den gleichen Sendungen – auch Ih- rem eigenen Format «Abenteuerlustig» – hätten Sie bei SRF mehr Quote. Alleine schon, weil der Sender seit Jahrzehnten etabliert ist. Wurmt Sie das?
Nein, das war mir bewusst. Man hat mich auch nicht als eine Art Messias geholt, der auf einen Schlag alles ver- ändern soll. Fernsehen ist tatsächlich eine Gewohn- heitssache. Als wir damals loswanderten, brauchte es auch eine gewisse Zeit, bis die Sendung zum Er- folg wurde. Je mehr gute Formate wir produzieren, desto mehr Leute werden unser Programm kennen- lernen und einschalten. Bei «Abenteuerlustig» stiegen wir quotenmässig auf dem Niveau der an- deren 3+-Sendungen ein und erhielten tolle Reak- tionen. Da freuen wir uns einfach und sagen inner-
lich «Yesss»!
 Hand aufs Herz: Bei SRF hatten Sie mehr Zuschauer und weniger Verantwortung. Gibt’s wirklich nie Momente, in denen Sie Ihre Entscheidung hinterfragen?
Nicht im Sinne von «bereuen». Ich denke dann viel mehr mit positiven Gefühlen zu- rück an das, was ich machen durfte: die Samstagabendshows, «SRF bi de Lüt», «Jeder Rappen zählt», die Jahre beim Ra- dio... Alles, was das Moderatorenherz be- gehrt! Mein Abschied hatte nichts mit SRF zu tun, sondern nur mit mir selbst. Ich fragte
zufrieden sein, wenn ein Parcours geschafft ist. Gerade in einem Umfeld, das einem der- art viel abverlangt. Diese Arbeit ist extrem reizvoll, aber nur möglich, weil meine Fami- lie voll dahintersteht.
Sie betonen immer wieder, wie stark be- sonders Ihre Frau Carla Sie unterstützt ... (Spontan) Tu’ ich das?
Ja, ich finde das sehr schön. Ein Job wie der Ihre wäre sonst wohl kaum machbar. Allerdings. Dafür bin ich sehr dankbar. Carla und ich wussten, was diese berufliche
Der Hartmann und der «Bachelor» – das passt für viele nicht zusammen. Sie sag- ten mal, dass Sie just die «Trash»-Formate erst schätzen lernen mussten. Wie gut klappt das?
Oh, sehr gut! Denn ich sehe, mit welchem Aufwand und welcher Sorgfalt gerade der «Bachelor» produziert wird. Das ist fernseh- technisch hohe Schule. Viele junge Leute finden die Sendung cool. Mich selbst zähle ich mit fast 50 nicht unbedingt zur Ziel- gruppe (lacht), aber das ist nicht entschei- dend. Wir machen das Programm nicht für uns, sondern für das Publikum.
In «Abenteuerlustig» bei 3+ stellt Nik Hartmann zusammen mit Claudio Zuccolini auf witzige Art und Weise andere Länder vor.
627













































































   65   66   67   68   69