Page 93 - Bo_Zug_16
P. 93

 Neu aus Zug: die Stubete Gäng
Text und Interview: Maximilian Marti Fotos: Daniel Jerosch
Der Begriff Stubete entstand irgendwann in den 60ern und wird bei uns verwendet für Treffs und gemeinsames Musizieren von Volksmusikanten. Innovative Gast- betriebe stellen ihre Lokale für derartige Anlässe zur Verfügung, um ihrer Kund- schaft etwas zu bieten und gleichzeitig traditionelles Brauchtum zu pflegen. In diesem Rahmen entstehen oft Formati- onen, die landesweit und über die Gren- zen hinaus Erfolge feiern. Eine solche Erfolgsstory wurde in Zug geschrieben.
Was bisher geschah: In der Familie des bekannten Akkordeonisten Hans Hassler wuchsen musikalische Kinder auf. Nach Jahren organischer Entwicklung fanden Vater Hans und seine beiden Söhne Aurel und Moritz 2019 zusammen und mischen seither mit ihrem neuartigen Sound die Szene auf. Instant-Landesruhm erlangte die Stubete Gäng im Mai 2019, als sie in der Sendung Samschtig-Jass mit dem Ti- tel Göschene-Airolo auftraten und pronto zur meistgebuchten Band der Schweiz avancierten.
Hans Hassler, wie fing Deine musikalische Karriere an?
Schon als Bub drängte ich in die musika- lische Richtung. Ich war fasziniert von al- lem, womit man Melodien zaubern konnte. Verständnisvolle Eltern ermöglichten mir den Zugang zu Akkordeon und Klarinette, ich durfte Unterricht nehmen, mich später von renommierten Musikern coachen und am Konservatorium klassisch ausbilden lassen. Mit zahllosen Auftritten, Konzerten und im Zusammenspiel mit den grossen Namen unserer Volksmusik hatte ich ein wundervolles musikalisches Leben und bin jetzt, als Krönung, Senior-Mitglied in der Stubete Gäng.
Moritz, wie nennt Ihr Eure Musik?
Es ist eine sich situativ in Bearbeitung be- findliche Kombination aus traditioneller Volksmusik, Hip-Hop, Gesang, Rap, Per- kussion aus allen Stil-Ecken, einprägsamen Texten, zündenden Tonfolgen, urbanen Rhythmen und unorthodoxem Handwerk. Nachdem Frontmann Aurel und Julia in
ihrem Übungslokal bereits vielverspre- chende Demos nach ihren Vorstellungen produziert hatten, kam ich mit an Bord – so entstand der harte Kern. Dann brachte uns die Musik mit Papi zusammen, den wir jetzt künstlerisch anders erleben als in unserer Jugend. Unsere Musik? «Örbn Ländlr– Volksmusig, wo tätscht».
Aurel, die Initialzündung zur Gründung der Stubete Gäng erfolgte ja nach Deiner Rückkehr aus Indien. Was führte Dich dorthin?
Die Liebe. Als 34-Jähriger war ich noch nie längere Zeit von Zug weggewesen und an einem Punkt in meinem Leben angelangt, wo mich Neugier und Abenteuerlust unru- hig werden liessen. Ich gab meine Stelle und Wohnung auf und wohnte zwischenzeitlich bei meinen Eltern. Ich wollte ballastfrei und bereit sein, um sofort die Flügel zu spreizen und abzuheben, sobald sich eine unwider- stehliche Verlockung zeigen sollte. Diese erschien an einer Kulturveranstaltung, zu welcher ich unseren Papi begleitete. Dort trafen wir einen langjährigen Bekannten und dessen Tochter, die ich seit unse- rer Kindheit nie mehr gesehen hatte. Das kleine Mädchen von damals stand jetzt in verlockender Schönheit vor mir und wurde noch um einige Oktave faszinierender, als sie mir erzählte, dass sie seit 12 Jahren in Indien lebe. Wenn das kein Fingerzeig war! Spontan erklärte ich ihr, dass ich sie dort besuchen würde. Kurze Zeit später landete
ich in Chennai, wo mich Julia zum Glück ab- holte, sonst würde ich wahrscheinlich noch heute irgendwo am Golf vom ostindischen Bengalen herumirren.
Was war Dein erster Eindruck von Indien?
Ich fühlte mich wie in einer Zeitreise. Eben noch in Helvetien, und dann plötzlich ich dieser unbeschreiblich fesselnden Welt mit ihren fremden Sprachen, Gerüchen und Düften, schillernden Farben und allem an- deren, woraus Märchen bestehen. Meine charmante Gastgeberin führte mich zu ih- rem Haus im Dschungel, und ich erkannte, dass ich dort angekommen war, wo ich fin- den würde, was ich vermisst hatte – auch den Weg zu mir selber. Nun, wir lernten uns besser kennen, ich blieb ein halbes Jahr und Julia ist jetzt meine Frau. In dieser Zeit entdeckte ich meine Liebe zum Gesang und erkannte, dass sich hier eine neuartige An- näherung öffnete an musikalische Stilrich- tungen, die uns vertraut waren. Das war der erste Schritt zum Heute.
Ihr seid auf der totalen Erfolgsschiene. Was kommt als Nächstes?
Wir arbeiten im Studio fleissig an Neuem. Wie wir das vor Publikum umsetzen kön- nen, ist in dieser turbulenten Zeit schwer zu sagen, aber wir sind bereit, auch für pri- vate Anlässe. Ein fixer Termin ist der 7. Juli 2023, da sind wir im Line-up am legendären St. Peter at Sunset im solothurnischen Kestenholz.
  923


















































































   91   92   93   94   95