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  Charles Nguela –
«Godfather of Black Swiss Comedy»
Text und Interview: Bianca Ritter Foto: René Tanner / festhalter.ch
Er selbst bezeichnet sich als «Godfather of Black Swiss Comedy», ein Genre, das es so vor ihm ja noch gar nicht gab. Er ist aktuell wieder auf Tournee, und man nimmt ihn auch als «Milchmann» der Schweizer Werbung wahr. Er ist ein witzi- ger und sympathischer Zeitgenosse, mit dem gut Kirschen essen ist. Wir wollten die eine oder andere Antwort aus ihm herauskitzeln. «Ladies and gentlemen, please welcome Charles Nguela!»
Lieber Charly, «R.E.S.P.E.C.T» heisst Dein neues Programm. Wovor hast Du selbst Respekt? Und welche Art von Respekt willst Du auf der aktuellen Tour Deinen Fans vermitteln?
Ich selbst habe z.B. Respekt vor unserem Briefträger oder vor Menschen, die in der Pflege arbeiten. Eine ganz andere Art von Respekt bringe ich mittlerweile dem Wan- dern entgegen. Ich habe das jüngst auspro- biert und festgestellt, dass das nicht ohne ist... Die Menschen, die zu meiner Show kommen, sollen eintauchen können und Gemeinsamkeiten entdecken. Ganz res- pektvoll, natürlich.
Meine Partnerin lacht ja selten bis gar nie über Comedians. Bei Dir «verchugelet» es sie fast. Warum ist das wohl so? Was macht Dich so ... anders?
Das Humorverständnis ist bei jedem Men- schen verschieden. Das hat meiner Meinung nach viel mit Sympathie zu tun. Und mit Stil. Wenn man den Menschen auf der Bühne sympathisch findet und der Stil passt, ist die Basis für einen unterhaltsamen Abend geschaffen. Ich finde auch nicht alle Come- dians lustig.
Ich habe letzte Woche Dominic Deville interviewt, in dessen Late Night Show Du auch schon Gast warst. Er meinte, von Dir sei noch viel zu erwarten. Was erwartest Du selbst von Dir? Wo führt der weitere Weg des Charles Nguela hin?
Das ehrt mich sehr, dass Dominic dies ge- sagt hat. Ich habe derzeit zwei Ziele. Zum einen will ich mich stetig verbessern auf der Bühne. Und dann geht es auch darum, mein Deutsch weiter zu optimieren, das ja immer
noch eine Fremdsprache ist für mich. Zudem plane ich, in absehbarer Zeit ein Programm auf Englisch auf die Beine zu stellen. Das ist einfach anders. Ich mag Dark Comedy, es darf crazy und absurd sein, also eher Bri- tisch geprägt.
Eine simple Frage: Was bringt Dich zum Weinen?
Hilflosigkeit. Wenn ich etwas sehe, das schlimm ist und ich genau weiss, dass ich da nichts tun kann, um zu helfen. Das macht mich traurig. Auch bei Recherchen zu Wit- zen und Pointen stosse ich dann und wann auf Menschen oder Lebensumstände, die mich traurig stimmen. Ich frage mich dann: «Warum geht es mir gut und dieser Person nicht?»
Deine Wurzeln liegen im Kongo, aufge- wachsen bist Du zunächst in Südafrika, später im aargauischen Lenzburg. Was bedeutet Heimat für Dich?
Ein Ort, an den ich zurückgehen kann, zu Freunden und Familie. Man kann verschie- dene Heimaten haben. Ich wäre 2020 gern in meine frühere Heimat Südafrika gereist. Aber es kam anders, wie wir alle wissen. Ich gehe auch immer wieder gerne nach Lenz- burg, wo nach wie vor ein Grossteil meiner Freunde wohnt, wo ich auch meine ersten Auftritte hatte.
2014 wurdest Du mit dem Swiss Comedy Award geehrt und hast im gleichen Atem- zug den Publikumspreis gewonnen. Hat Dich das weitergebracht?
Weitergebracht in dem Sinne, dass man als Komiker ernst genommen wird, ja, ganz klar. Weitergebracht im Sinne von Reichtum, nein. Ich habe immer noch keinen Ferrari... (schmunzelt) Der Award hat aber auch den Druck erhöht. Früher, wenn ich bei einer Open Stage auftrat, durfte ich auch Fehler machen, das musste nicht perfekt sein. Mit der zunehmenden Bekanntheit veränderte sich dies schon ein wenig. Jedoch sehe ich es heute auch wieder relaxter. «Nobody’s perfect.» Man darf Fehler machen.
Thema Godfather. Es gibt jenen von Francis Ford Coppola, es gibt oder gab James Brown, den Godfather of Funk, Bob Marley, den Godfather of Reggae, Johnny Cash, den Godfather of Country,
Laurel Aitken, den Godfather of Ska, oder Iggy Pop, den Godfather of Punk. Und Du selbst bezeichnest Dich als «Godfather of Black Swiss Comedy». Wie kam das? Dazu muss ich sagen, dass ich mir diesen Namen nicht selbst gab. Es war mein Co- Autor, der damals einen Pressetext verfas- sen sollte. Auch die Agentur fand den Titel irgendwie lustig, und man riet mir: Nimm den Titel, solange du noch der Erste bist. Und ich so: Wenn ihr meint ... OK!
Vorher gings darum, was Dich zum Wei- nen bringt. Wir beschliessen das Interview mit einem Happy End, wie sich das gehört. Wer oder was bringt Dich zum Lachen? Spontan grad unser Gespräch. Ich finde es immer cool, wenn ich mit einer fremden Per- son eine Verbindung aufbauen kann. Und ich finde es auch lustig, wenn Menschen «uf d Schnurre flüüged». Das ist politisch nicht ganz korrekt, aber auch Schadenfreude steckt doch bis zu einem gewissen Grad in uns Menschen. Comedians, die ich selbst lustig finde, sind z.B. Bill Burr (USA) oder hierzulande Claudio Zuccolini. Ich liebe es, wenn ein Komiker humorvoll «hässig» sein kann. Und ich kann auch über mich lachen. Frag meine Freundin, die sagt, ich sei ein richtiger Tolpatsch.
Vielen Dank, lieber Charly. War ein äusserst erfrischendes Treffen. Good luck und viel «R.E.S.P.E.C.T» für deine Zukunft!
www.charles-nguela.com
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