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 Vollblutmusiker
Text und Interview: Thomas Lüthi
Foto links: ursina giger
Foto rechts: abhijit.bossotto.photography
Es gibt verschiedene Gründe, weshalb jemand kreativ wird. Etwa um reich und berühmt zu werden. Funktioniert selten, wenns der Hauptgrund ist. Ein zweites Motiv: Der Kreative will dem Publikum vor Augen führen, dass die Welt ein schlechter Ort ist. Diese Künstler krie- gen häufig Preise. Wenn man über sie redet, fallen Worte wie «schonungslos» und «wichtig». Wirklich mögen tut man sie aber nicht. Ein dritter Grund: Der Künstler kann nicht so richtig erklä- ren, weshalb er tut, was er tut. Ausser dass er nicht anders kann, weil er ein- fach muss, weil es ihn glücklich macht. Pascal Gamboni gehört zweifelsfrei in diese Kategorie.
Ihn motivieren bei seiner Arbeit ganz sicher nicht Ruhm und Kohle. Er ist auch schon bei einer Band ausgestiegen, «weil’s zu sehr um Frisuren und zu wenig um Musik ging». Er will auch kein Sprachrohr für bestimmte Anliegen sein, ein Künstler, der in erster Li- nie eine Message unters Volk bringen will. Diese Kreativen wirken selten beschwingt, sondern häufig angestrengt und anstren- gend. Pascal Gambonis Musik ist eindring- lich und nachhaltig, weil sie aus einem starken inneren Bedürfnis heraus kommt. Der Singer/Songwriter aus Sedrun verfolgt seine Passion seit über dreissig Jahren. Er- folgreich: Songs wie «Valentina» oder «Da Mai Se» bestechen durch ihre Eingängig- keit. Es sind federnde Popsongs, die so- fort ins Ohr gehen. Manchmal auf Englisch, meist auf Sursilvan gesungen. Ganz am An- fang, als Kindergärtner, faszinierten Pascal Gamboni auch die ‹Äusserlichkeiten›, die Verpackung ...
Wie muss man sich das vorstellen?
Mir imponierten die älteren Kids, die so all- wissend taten, die die angesagten Gruppen kannten und mit ihrem Kopf bei der Musik mitnickten. Das fand ich cool. Und etwas später wollte ich vor allem in einer Band sein und auf der Bühne umjubelt werden. Das ganze Rockstarding halt.
Welche Acts waren wichtig für Dich?
Also meine erste grosse ‹Liebe› war KISS. Von denen hatte ich alles. Da ging’s natür- lich auch um die Verpackung. Prägend war dann die Grunge-Zeit in den 90er-Jahren. Erst NIRVANA und dann vor allem OASIS.
Und irgendwann hast Du selber Musik gemacht ...
Das war so mit zwölf. Ich wollte unbedingt sofort mit der elektrischen Gitarre anfan- gen. Doch das ging nicht. Im Nachbardorf brachte mir eine Musiklehrerin dann klassi- sche Gitarre bei. Ich fand das nützlich. Und sobald ich Grundkenntnisse hatte, schrieb ich meinen ersten Song.
Worum ging’s da?
Auch wenn ich mit einer Band arbeite – statt getrennt, nehmen wir den Song gemeinsam auf. Das Überproduzierte ist nicht so mein Ding.
Wirst Du eigentlich oft darauf angespro- chen, dass Du auf Romanisch singst? Ausserhalb des Bündnerlandes war und ist das immer ein Thema. Am Anfang hatʼs mich genervt. Jetzt habe ich meinen Frie- den damit gemacht, sehe sogar die Vorteile darin.
Ein Nachteil: Die Unterländer verstehen Dich nicht. Doch da hast Du Abhilfe geschaffen ...
Ganz genau. Ich habe gemeinsam mit dem Verleger und Musiklehrer Linus Fetz ein Liederbuch verfasst. Fünfunddreissig von meinen Songtexten habe ich auf Deutsch und Englisch übersetzt – dazu Noten und Akkordfolgen. Zum Buch gibts einen Down- load – die fünfunddreissig Songs dazu habe ich neu eingespielt. Bei der Arbeit erlebte ich schöne Überraschungen. Mir warʼs wichtig, dass ich den Sinn der Texte in die ‹neue› Sprache übertragen konnte. Umso erfreulicher war es für mich, dass die Texte in der Übersetzung nicht platt klingen, son- dern auch da für sich selber stehen können.
www.pascalgamboni.com
 (lacht) Um Ferien ...
Songs. Ununterbrochen. Liederschreiben hatte damals etwas Magisches für mich, und das hat es auch heute noch.
Und wie entsteht so ein Lied?
Am Anfang steht eine Melodie, ein Gitarren- riff, eine Folge von Akkorden. Punkto Text: Ich pröble erst mit einer Fantasiesprache, bevor ich konkret werde – auf Romanisch oder Englisch. Die Wörter müssen vor al- lem gut klingen, sich gut singen lassen. Ich versuche alles zu vereinfachen. Im Studio mag ich das Rohe und das Authentische.
Seither
schreibe
ich
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