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 Jeff Baltermia:
das Gesicht der Fussball-EM 2021 im Talk
Text und Interview: Bianca Ritter Fotos: Oscar Alessio
Jeff Baltermia ist immer auf der Suche nach Ideen für spannende Fernsehbe- richte. Bekannt geworden ist er während der Fussball-EM 2021, wo er regelmäs- sig zu Gast war in Schweizer Haushal- ten. Wir haben den begeisterten Sport- reporter und Basler mit Leib und Seele im sympathischen Interview besser kennengelernt.
«Jeff Baltermia ist das SRF-TV-Gesicht der Fussball-EM», titelte die Schweizer Illustrierte im vergangenen Jahr. Was für Erinnerungen hast du daran ?
Da ist zunächst der immense sportliche Wert für unser Land. Und für mich war es ein Privileg, hautnah und live dabei zu sein beim Viertelfinal-Einzug der Schweizer Mann- schaft. Ich finde es wunderbar, was das in der Schweiz ausgelöst hat, all die Emotio- nen, die spontanen Feiern, die Stimmung im Lande. Grossartig. Ich erinnere mich auch noch an viele spezielle Interviews – u.a. mit Yann Sommer – nach dem Achtelfinal-Sieg gegen Frankreich oder nach dem Aus im Viertelfinal gegen Spanien. Diese hautnahen Emotionen lassen einen nicht kalt.
In der Tat ist Dein Bekanntheitsgrad gerade mit dieser EM sprunghaft gestie- gen. Wie, wann und wo hast Du Deine Karriere als Sportreporter begonnen? Das begann sehr klassisch. Zunächst in einem Regionalmedium, bei Tele Basel. Da konnte ich meine Sporen abverdienen und parallel zum Studium Einblick gewinnen, vor und hinter der Kamera. Danach war ich ein halbes Jahr bei Sport 1 in München, wo mir endgültig klar wurde: Ich will unbedingt in den Sportjournalismus. Zwischen 2013 und 2015 absolvierte ich ein Stage bei SRF und bin seither fix beim Sender angestellt.
Du bist Basler mit Leib und Seele, wie man so hört und liest. Was sind für Dich die wichtigsten Merkmale, die Deine Stadt ausmachen?
Basel ist in erster Linie mein Daheim, ich bin da fast etwas «bünzlig» (schmunzelt). Als ich in München war oder auch wenn wir in den Ferien sind, habe ich sogar manchmal et- was Heimweh und freue mich immer, wieder
nach Basel zurückzukommen. Die relative Grösse der Stadt behagt mir, auch die Tat- sache, dass es eine Sportstadt ist. Und na- türlich die Fasnacht, wo ich mit wenig Talent, aber viel Freude als Tambour unterwegs bin. Fakt ist, dass mein Heimatbewusstsein sehr ausgeprägt ist. Basel ist für mich die schönste Stadt der Schweiz.
In Basel hast Du auch Deine Frau, Nadja, kennengelernt. Mit ihr zusammen hast du einen Sohn, Loan. Was bedeutet für Dich Familie?
Alles. Familie ist für mich die schönste Ent- schleunigung, die ich mir vorstellen kann. Mein Job ist oft hektisch und schnelllebig. Da geniesse ich es umso mehr, wenn ich mal in Ruhe mit meiner Frau und Loan, unserem Sohn, am Boden sitzen und ein Spiel spielen kann. Das ist unfassbar schön. Es ist auch eine Herausforderung, wenn ich manchmal berufsbedingt länger von Frau und Kind getrennt bin. In der Familie kann ich alles aussen vor lassen und mich auf diese kleine Welt fokussieren, auftanken.
Bleiben wir gleich noch beim Thema und werden einen Tick ernster. Ich selber ha- be mich schon beim Gedanken ertappt, dass ich je länger je mehr keine Kinder mehr in die Welt setzen möchte. Zu un- sicher, zu konfus mutet die (digital ge- steuerte) Zukunft mit Covid und den un- mittelbaren Folgen an. Wie siehst Du das? Ein spannendes Thema, das ich mit Nadja, meiner Frau, öfters diskutiere. Wir machen uns darüber durchaus Gedanken, in was für eine Welt Loan hineinwächst, über die Einflüsse und Reizüberflutungen, denen er ausgesetzt sein wird. Es geht darum, ihn so gut wie möglich darauf vorzubereiten. Das war ja in unserer Kindheit alles noch ziemlich anders. Die Realität lässt sich nicht ausblen- den, aber wir fördern die Nähe zu Tieren, zur Natur. Und wenn’s ums Spielen geht, dann ist uns der Holzbagger sicher näher als das Tablet. Das alles ist ein Prozess.
Wieder sanfteres Terrain. Was bewegt diesen Jeff Baltermia neben Sport sonst noch? Leidenschaften?
Hobbies? Träume?
Ich bin ein Bewegungsmensch, meine Frau übrigens auch. Sport ist für uns beide das Grösste. Dies haben wir beide auch familiär
bedingt so mit auf den Weg bekommen. Ich mag es heute noch, mich mit meinen Brü- dern im Tennis oder an der Ping-Pong-Platte zu messen. Und natürlich ist Fussball ein grosses Thema, war’s schon immer. Grosse Träume oder Visionen hab ich im Moment keine. Es mag kitschig klingen, aber ich lebe meinen Traum gerade jetzt. Ich bin rundum zufrieden.
Wenn ich jetzt Nadja fragen würde, was Du für ein Mensch bist, was Deine Stär- ken und Schwächen sind, was würde sie wohl sagen?
Sie würde hoffentlich sagen, ich sei ein lie- bevoller, verständnisvoller Mensch. Begeis- terungsfähig, zielstrebig. Und humorvoll. Wir beide können auch über uns selber in ganz banalen Alltagssituationen lachen. Das ist sehr befreiend.
Wohin soll Dich Deine berufliche Karriere führen, Jeff? Was für Ziele hast Du für Dich definiert?
Mein momentanes Portfolio ist top. Gerne lasse ich punkto Zukunft vieles offen. Wer weiss schon, wie die Medienlandschaft in fünf Jahren ausschaut? Beruflich bin ich im Moment komplett erfüllt und happy. Und ich sehe auch meine guten Perspektiven bei SRF. Sicher bleibe ich gerne im Live- Moment. Ich mag das sehr, wenn sich der Adrenalinschub bemerkbar macht, unmit- telbar bevor ich live auf Sendung gehe. Das ist mein Kick.
Du bist ja, wie wir erfahren haben, be- geisterter Fasnächtler. Kannst Du mir spontan ein paar peppige Schnitzelbank- Sprüche zur aktuellen Weltschieflage liefern?
Mein Vater ist «Schnitzelbänkler». Und nur schon von seiner Seite würde es Kritik ha- geln, wenn ich da irgendwelche halbgaren Schnitzelbänke von mir geben würde. Das wäre angesichts der kulturellen Bedeutung, die gerade die Fasnacht für uns Basler hat, schon fast Blasphemie. Da muss ich also passen, will ja nicht mein Gesicht verlieren ... (grinst).
Vielen Dank für das erfrischende und sympa- thische Gespräch, lieber Jeff. Und weiterhin viel berufliche Erfüllung als Sportreporter.
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