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 Die Solokarriere ruft
Text und Interview: Isabel Hempen Foto: SLAVICA
Das Gespräch mit Pascal Deuber fin- det in der Hochschule für Musik in Ba- sel statt, wo der Rheinfelder einst stu- dierte. Der bald 30-Jährige begann mit 6 Jahren Horn zu spielen und ist heute international erfolgreicher Musiker. Von seinem Wohnort in München ist er für ein Konzert nach Basel gereist: Gemeinsam mit dem Collegium Musicum Basel tritt er am Tag nach dem Gespräch im Stadt- casino als Solist auf.
Pascal Deuber, Sie haben sich im vergangenen Jahr gegen 148 professio- nelle Hornisten durchgesetzt und den ARD-Musikwettbewerb gewonnen, einen der international wichtigsten Musikwettbewerbe. Haben Sie mit dem Sieg gerechnet?
Ich wusste, dass ich theoretisch das Zeug dazu habe, ins Final zu kommen. Nachdem ich dann in der Finalrunde gespielt hatte, war mir klar: Besser geht es nicht. Da ich aber in den ersten zwei von drei Runden nicht die gleiche Qualität an den Tag gelegt hatte, war ich nicht sicher, ob es reichen würde.
Der Sieg gilt als Ticket zu einer erfolgreichen Solistenkarriere, in der Musikszene sind Sie nun international bekannt.
Ich habe erst im Nachhinein langsam be- griffen, was das bedeutet – durch die Anfra- gen, die inzwischen hereingekommen sind. Morgen spiele ich in Basel, im Mai an einem Festival in St. Petersburg, dann mit dem Deutschen Symphonie-Orchester in Ber- lin. Der Wettbewerbssieg vermarktet mich automatisch, und ich freue mich sehr, diese Auftrittsgelegenheiten wahrzunehmen.
Sie sind also dauernd unterwegs?
Als Hornist ist es ja nicht so, dass man das Leben allein als Solist bestreiten könnte. Das Repertoire für Horn ist beschränkt und
wird auch nicht so oft gespielt. Man kombi- niert die Solokarriere also mit Unterrichten oder spielt wie ich in einem Orchester.
Sie haben seit Ende 2019 eine feste Stelle als Solohornist im Bayerischen Staatsorchester, davor waren Sie im Philharmonischen Staatsorchester Hamburg und im Sinfonieorchester Wuppertal engagiert.
Ich habe zwei kleine Kinder im Alter von drei und sechs Jahren und habe in Deutschland das Glück, dass ich Elternzeit nehmen kann. Deshalb habe ich kürzlich mein Pensum auf 60 Prozent reduziert, um mehr Zeit für meine Familie zu haben. Der positive Nebeneffekt: Künftige Soloauftritte kann ich neben dem Familienleben gut unterbringen.
Das Bayerische Staatsorchester ist das Hausorchester der Bayerischen Staatsoper. Wie gefällt Ihnen die Welt der Oper?
Ich habe immer wieder mal mit dem Ge- danken gespielt, für eine Stelle in einem Symphonieorchester vorzuspielen – da hat man einen geregelten Dienst und ist abends meist zu Hause. In der Oper hingegen ar- beitet man unregelmässig und häufig auch abends. An den Münchner Opernfestspie- len vergangenen Sommer habe ich dann aber gemerkt, dass ich die tolle Atmosphäre vermissen würde: Jeden Abend eine an- dere Oper, und für einige Stunden taucht man ganz in diese Welt ein und erlebt eine Art Rausch, der dann noch einige Stunden nachklingt. In einem anderthalbstündigen Konzert erlebt man das nicht in gleichem Masse.
Haben Sie Ihre Jugend eigentlich allein mit Üben verbracht, dass Sie heute so gut sind?
Der Vorteil an Blechblasinstrumenten ist, dass die Muskeln irgendwann müde sind und man nicht ewig spielen kann. Ich spielte schon viel Horn als Jugendlicher, aber zu Hause übte ich nie länger als eineinhalb Stunden am Tag. Und heute spiele ich be- ruflich so anspruchsvolle Stücke, dass ich
gar nicht mehr gross üben muss. Was aber schade ist: Wenn ich ein paar freie Tage habe, kann ich das Horn nicht einfach zur Seite legen, da sich die Muskeln schnell abbauen. Das ist das einzige, was mich an meinem Beruf stört.
Sie leben heute mit Ihrer Frau und Ihren zwei kleinen Kindern bei München.
Ja, wir sind kürzlich aufs Land gezogen. Wir leben hier mit zwei anderen Familien auf einem ehemaligen Reiterhof, der gerade zu einem grossen Garten umgestaltet wird. Ich hatte immer schon ein Faible fürs Gärtnern, und dafür haben wir jetzt endlich genug Platz. Das ist mein Ausgleich zum Musizie- ren, wo ich ja meistens sitze.
Können Sie sich vorstellen, wieder einmal in die Schweiz zu ziehen?
Ich schliesse zwar nicht aus, dass wir ir- gendwann wieder in die Schweiz ziehen. Aber das Bayerische Staatsorchester ist ei- nes der besten Orchester, in denen ich bis- her gespielt habe. Die Bayerische Staats- oper ist weltweit eines der Tophäuser, und ich müsste lange suchen, um ein vergleich- bares Niveau zu finden.
Wird man Sie auch künftig in Basel spielen hören?
Es wäre schön, wenn ich auch in Zukunft Anfragen aus Basel bekäme. Der morgige Auftritt ist mein erster Soloauftritt seit dem Wettbewerb. Es freut mich ganz besonders, dass dieser in Basel stattfindet.
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