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                                           Die Assistenzhunde aus Allschwil
Vor 50 Jahren wurde die Stiftung Blindenführhunde
ins Leben gerufen. Ihr Ziel und Zweck ist die Förderung einer besseren Lebensqualität von blinden und sehbehinderten Menschen. Die Schule in All- schwil bildet die in der eigenen Zucht geborenen Labradore
je nach Talent und Charakter zu Führ- oder Begleithunden für autistische Kinder sowie
zu Assistenzhunden aus. Und genau das ist hier und heute Thema.
Der Assistenzhund hilft Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, ihren All- tag weitgehend unabhängig zu bewältigen. Die Hilfestellungen sind sehr individuell und werden mit dem Hund auf die Bedürfnisse des Halters zugeschnitten trainiert. Die sympathischen Helfer auf vier Pfoten sorgen dafür, dass der Rollstuhl in den Hintergrund tritt, und erleichtern es ihren Haltern, Kon- takte mit anderen Menschen zu knüpfen.
Beate Kellermann – Assistenzhundehalterin
Beate Kellermann aus Badisch Rheinfelden ist einer jener Menschen, die von früh bis spät durch einen Labrador aus Allschwil unterstützt werden. Bei ihr schlug das Schicksal 1982 zu. Aufgrund eines Unfalls ist Frau Kellermann unterhalb des 6. Brust- wirbels komplett querschnittgelähmt. Sie erzählt im nachfolgenden Gespräch über ihr Leben und ihre Erfahrungen mit Buffy, einer Assistenzhündin mit grossem Herz.
Die Geschichte einer Freundschaft ...
Herzlich willkommen im BEST OF NORD- WEST, Frau Kellermann. Erzählen Sie doch kurz etwas über sich. Was ist da- mals passiert?
An einem sonnigen Samstag im Oktober 1982 galoppierte ich als 20-jährige Reiterin über den Sandplatz. Plötzlich erschreckte sich das Pferd durch ein Flugzeuggeräusch, scheute, riss mir die Zügel aus den Händen, und ich rutschte seitlich ab. Ich wurde mit- geschleift und blieb dann im Sand liegen. Ich wollte aufstehen, merkte aber schnell, dass ich meine Beine nicht mehr bewegen konnte. In der Notaufnahme stellte man fest, dass zwei Brustwirbel gebrochen wa- ren. Zwei Tage später in der Reha erfuhr ich vom Chefarzt, dass ich mein restliches Le- ben im Rollstuhl verbringen würde.
Für mich war das ein Schlag ins Gesicht. Ich war immer eine sportliche, aktive Ju-
gendliche gewesen. Meine Hobbys Rad- fahren, Reiten, Badminton spielen, Reisen und Tanzen sollte ich nie mehr ausüben können? Würde ich je ein selbstständiges Leben führen können? Was ist mit dem Job, was mit dem Führerschein? So viele Fragen und keine Antworten.
Wann und wie kam es zum Kontakt zur Schweizerischen Schule für Blindenführ- hunde in Allschwil?
Im Jahr 2015 leitete ich an der Messe Rollivision eine Modeschau im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil. Ich fla- nierte auch an den Messeständen vorbei und blieb interessiert am Stand der Blin- denführhundeschule stehen. Ich hatte schon von Assistenzhunden gehört und mich erkundigt, weil ich schon immer von diesen fleissigen, sensiblen Hunden und ihrer Arbeit begeistert war. Mir war aber auch klar, dass es nur wenige Hunde und viele Interessenten gab. Trotzdem liess ich meine Adresse dort. Ein Jahr nach dem ersten Kontakt, nach vielen Gesprächen und Besuchen, durfte ich im April 2016 Buffy in Empfang nehmen.
Wie würden Sie den Labrador charakte- risieren? Was sind seine Stärken als As- sistenzhund, bei welchen Aufgaben hilft er Ihnen am meisten?
Buffy ist ruhig, folgsam, arbeitsfreudig, verschmust, verspielt und verfressen. Sie geht gerne spazieren, sie apportiert für ihr Leben gern Bälle oder Frisbees, sie liebt Wasser und Schnee und ist eine Lang- schläferin wie ihr Frauchen. Buffy zieht abends meine Beine ins Bett, sie räumt die Waschmaschine aus, bringt meine Schuhe, hilft mir, die Jacke auszuziehen, hebt begeistert alles auf, was mir runter- fällt, holt Socken aus der Schublade und löscht das Licht. Besonders wichtig ist mir, dass sie im Notfall das Telefon bringen, die Wohnungstür öffnen und durch Bellen die Nachbarn alarmieren kann.
Was muss man als Interessent/in an ei- nem Assistenzhund unbedingt wissen? Ein Assistenzhund macht viel Freude und kann Hilfe leisten, aber ein Hund bedeutet auch Verantwortung und Arbeit. Buffy frisst viel, kann krank werden, hat oft schmut- zige Pfoten, wälzt sich auch mal in nicht
 















































































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