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  INTERVIEW
Kein Tag wie der andere
 Herr Musaj, wie sind Sie zu der Lehre als Logistiker gekommen – und wieso haben Sie sich gerade für die Post entschieden? Die Post hat mich schon immer fasziniert, ich war schon von klein auf ein Postliebhaber. Aber der Grund, warum ich mich dann tatsächlich für die Post entschieden habe, war die Vielzahl an Leistungen für die Mitarbeitenden. Man muss sich das mal vorstellen: GA gratis, Nicht- raucherbonus von 900 Franken, Autoprüfung wird bezahlt und vieles mehr – das gibt es nur bei der Schweizerischen Post!
Die Tätigkeit als Logistiker umfasst wohl ganz viele verschiedene Bereiche. In wel- chem sind Sie selber genau unterwegs, und wie sieht Ihr Arbeitsalltag da ungefähr aus? Ja, das stimmt; ich bin im Bereich Paketzustel- lung als Paketbote tätig. Wir haben verschiede- ne Arbeitszeiten: von 06.00 – 15.24 Uhr, von 08.30 –18.00 Uhr und von 10.00 – 19.24 Uhr; das sind unsere drei Lehrlingsschichten. Wenn man um 06.00 Uhr anfängt, ist man den ganzen Tag durch auf Zustellung. Diese Schicht übernimmt man eher im zweiten Lehrjahr. Im ersten Lehr- jahr ist man dagegen nur im Lager tätig, was mir persönlich sehr geholfen hat, weil man den ganzen Distributionsablauf kennenlernt und diesen dann auch versteht. Ich kenne z.B. auch Lernende bei anderen Unternehmen, die vom ersten Tag an sofort auf Zustellung gehen. Das ist schwierig; viele brechen die Lehre nach we- nigen Wochen ab, weil sie den Stress als Paket- bote hat völlig unterschätzt haben.
Um halb neun kontrolliert man die Pakete nach, die die Boten nicht gefunden haben. Das dauert im Normalfall höchstens eine Stunde. Wenn man das erledigt hat, schaut man auf all- fällige Fehlleitungen oder sehr wichtige Ex- press-Sendungen, die sofort zugestellt werden müssen. Letztere haben bei uns oberste Priori- tät. Man unterstützt den Boten beim Einladen und hängt die Rollboxen zusammen, die leer sind. Diese gehen wieder zurück, damit sie er-
neut mit Paketen gefüllt werden können. Wenn die Paketboten wieder retour kommen, hilft man ihnen beim Ausladen. Um ca. 16.00 Uhr kommen dann die ersten Lastwagen mit den gefüllten Rollboxen, die man dann nach Num- mern sortieren und entsprechend zusammen- hängen muss. Wenn der Lastwagen dann leer ist, nimmt er je nachdem entweder Leergut mit oder z.B. Eco/Prio-Ware, die die Boten aus den My Post-Automaten gebracht haben. So haben die Lastwagenfahrer nie eine Leerfahrt. Die ge- füllten Rollboxen fahre ich dann mit dem Stap- ler auf die andere Seite unseres Lagers und verteile sie auf die richtigen Touren. Im Novem- ber, Dezember und Januar sind bei uns beson- ders intensive Monate.
Wie haben Sie den Einstieg in die Lehre und die Unterstützung durch Ihren Arbeitgeber bei diesem Prozess erlebt?
Ich persönlich habe einen schwierigen Einstieg gehabt. Ich hatte damals die Autoprüfung noch nicht abgelegt und hatte darum einen langen Arbeitsweg mit dem Fahrrad – das hiess um 03.40 Uhr aufstehen, damit ich pünktlich um 06.00 Uhr ankam, 25 Minuten fahren bis zum Bahnhof und dann dreimal den Zug wechseln. Nach sechs Monaten bin ich dann zum Berufs- bildner und habe ihm gesagt, der Arbeitsweg sei eine Belastung. Er nahm mein Anliegen ernst und bemühte sich, eine Lösung zu finden. Schlussendlich bot er mir an, dass ich bis zum Ende des ersten Lehrjahres bleiben solle, um danach in eine Post verlegt zu werden, die sich näher bei mir befand. Sechs Monate halte ich durch, sagte ich mir – und nahm das Angebot an.
Was finden Sie an Ihrem Beruf besonders spannend oder abwechslungsreich, welche Aspekte eher herausfordernd?
Ich bin ein Mensch, der körperliche Anstren- gung braucht und nicht den ganzen Tag im Büro sitzen könnte. Ich liebe meinen Beruf inzwischen. Ich bin alleine, habe keinen Chef, der mir den ganzen Tag im Nacken hängt, kann
Ismet Musaj
Lernender Logistiker EFZ Schweizerische Post
meine Pause machen, wann und wo ich will. Was ich an meinem Beruf besonders spannend finde, ist, dass kein Tag gleich ist. Man lernt im- mer etwas dazu, sieht und hört vieles, das man im Alltag nicht sehen würde, und hat sehr viel Kontakt mit den Menschen. Eine Herausforde- rung ist es, mich jeden Tag neu kennenzuler- nen. Man sieht beispielsweise in der Weih- nachtszeit 400 – 500 Pakete und denkt sich: «Das schaffe ich nie.» Doch dann geht man raus und vergisst alles, man arbeitet und arbeitet – und schon ist Feierabend und alle Pakete sind zugestellt. In solchen Momenten ist man stolz auf sich, weil man weiss: Man macht den Leu- ten eine Freude.
Welche Fähigkeiten sollte man Ihrer Meinung nach in den Beruf mitbringen? Man sollte definitiv körperlich belastbar sein. Man muss viel laufen und oft schwere Pakete tragen. Und wenn z.B. der Empfänger eines ein- geschriebenen Pakets nicht zu Hause ist, muss man das Paket wieder zurücknehmen. Solche Dinge kosten viel Kraft und Ausdauer. Man sollte sicher auch freundlich im Umgang sein – und wetterfest, denn man ist wirklich viel draussen unterwegs.
Wissen Sie bereits, wo es für Sie in näherer Zukunft beruflich hingehen soll?
Ich könnte mir gut vorstellen, weiterhin bei der Post zu arbeiten, da mir die Arbeit Spass macht und ich keine Probleme mehr habe wie am An- fang. Ich denke, es ist wichtig, Berufserfahrung zu sammeln; so kann man nachher bewusst ein neues Kapitel in seinem Weg aufschlagen. So möchte ich mich beispielsweise noch als Logis- tikfachmann weiterbilden.
Wir danken Herr Musaj für das tolle Interview und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute!
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