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 «Hallo Wolkenkratzer, wie ist das Wetter da oben?»
Text und Interview: Regula Elsener Steinmann Foto links: © Felix Fischer
Foto rechts: © ProSieben Schweiz
«Manu, du bisch vo Brugg», bekam Manuela Frey oft zu hören, wenn sie als Kind Heidi Klums Modelshow schaute und ihre Eltern sie vor allzu grossen Hoff- nungen und Enttäuschungen bewahren wollten. Doch Manu aus Brugg träumte weiter – und hat es geschafft.
Mit gerade mal 15 Jahren gewann sie den «Elite Model Look Schweiz», wurde Dritt- platzierte am gleichnamigen Weltfinale in Shanghai und zog kurz darauf nach New York. Heute ist sie Mitte 20 und kann auf eine äusserst erfolgreiche Karriere blicken. Nicht nur das: Seit 2018 ist Manuela Frey quasi das Pendant ihres einstigen Vorbilds und führt durch «Switzerland’s next Topmo- del» bei ProSieben Schweiz. Ihre Zukunft sieht sie klar im Showbiz – derzeit streckt sie ihre Fühler nach weiteren TV-Engage- ments aus. Dennoch absolvierte sie eine Ausbildung als Immobilienmaklerin und Ernährungsberaterin.
Die Zeit im Big Apple hört man auch ihrer Sprache an: Im Gespräch mischen sich re- gelmässig englische Ausdrücke in ihre Ant- worten. Enge Freunde fänden gar, sie habe sich ein «Ami-Getue» angewöhnt, verrät sie lachend. Seither achte sie darauf, nicht ständig mit Ausdrücken wie «oh my god» um sich zu werfen. Seit 2020 lebt sie wieder in der Schweiz.
Kaum jemand kann einen so direkten Vergleich ziehen wie Sie: Was haben Brugg und New York gemeinsam? (Lacht) Nun ja, New York ist energiegela- den, da läuft immer was. Dagegen ist Brugg sicher ruhiger. Aber so unterschiedlich sie auch sind: Ich fühle mich an beiden Or- ten daheim. Gerade kürzlich joggte ich in Brugg an meinem Primarschulhaus vorbei und durchs Freudenstein-Wäldli, wo ich mal einen Jungen geküsst habe. Das sind sehr schöne Erinnerungen. New York hat mich auf eine andere Art geprägt, mich reifen und erwachsen werden lassen. Grundsätzlich bin ich da am liebsten, wo meine Familie und meine «real friends» sind.
Manuela Frey (Mitte) mit Schauspielerin und Model Larissa Marolt sowie Mode-Ikone Papis Loveday in der 3. Staffel von «Switzerland’s next Topmodel» bei ProSieben Schweiz.
Sie kamen schon mit 15 in dieses Busi- ness, zogen alleine nach New York. Für eine derart junge Frau war das ja auch ein Risiko.
Ja, aber ich hatte sehr viel Glück mit mei- nem Umfeld. Gehol- fen haben sicher auch mein Charakter und meine Bodenständig- keit. Wissen Sie, als ich meine Mutter mal fragte, ob sie damals eigentlich keine Angst um mich hatte, sagte sie: «Nein, du warst schon als kleines Mäd- chen sehr zuverläs-
 Viele haben ein geschöntes Bild des Modellebens. Wie viel Glamour gibt’s tatsächlich in Ihrem Leben?
Den gibt es durchaus: Wenn ich etwa an einem Event über den roten Teppich laufe oder an einer Fashion Week bin und Leo- nardo di Caprio oder Sarah Jessica Parker in der ersten Reihe sitzen. Das sind natür- lich coole Momente. Ein Grossteil meines Lebens ist aber sehr normal.
Das Modelbusiness wird seit jeher stark kritisiert: Junge Frauen würden in Drogen und Essstörungen getrieben, alles sei oberflächlich... ist das aus Ihrer Sicht gerechtfertigt?
Ja und nein. Dieses Business ist nicht für je- den Menschen geeignet. Es hängt sehr stark von der Persönlichkeit ab, ob man bestehen kann oder nicht. Ich habe so viel gesehen hinter den Kulissen – viele Klischees treffen leider zu. Daneben gehen die positiven Sei- ten aber oft vergessen: Dass ich etwa schon mit 15 die Welt bereisen, spannende Men- schen treffen und Sprachen lernen konnte. Und klar, man verdient auch nicht schlecht. Wobei man als Model keine Millionen schef- felt, wie viele meinen. Da muss man schon – wie Hailey Baldwin – zusätzlich noch Justin Bieber heiraten (lacht).
sig und seriös. Ich wusste, dass du dieses Leben als Model im Griff hast.»
In der Sendung «Switzerland’s next Topmodel» sind Sie nun diejenige, die andere bewerten und auch mal sagen muss: Sorry, das wird leider nichts. Wie schwer fällt das?
Oh, das ist wirklich nicht einfach. Vor allem in der letzten Staffel, als ich die Kandida- tinnen und Kandidaten wegen Corona nicht umarmen und so trösten durfte! Aber es ist ja nicht so, dass nach der Show einfach alles vorbei ist. Ich bin mit den meisten nach wie vor in Kontakt, entwickle da fast schon eine Art Mutterinstinkt. Es ist mir wichtig, sie auf ihrem Weg weiter zu begleiten.
Eine Frage muss ich noch loswerden: Woran denken Sie eigentlich, wenn Sie so ganz ernst über den Laufsteg gehen? An alltägliche Dinge: Was muss ich noch einkaufen? Welche Freundin wollte ich noch anrufen? In erster Linie konzentriere ich mich darauf, nicht zu lachen. Zu Beginn mei- ner Karriere fiel mir das schwerer. Deshalb hatte ich einen Trick: Ich dachte an meinen Oberstufenlehrer.
Bitte?
Ja, wegen meiner 1.80 Meter sagte er oft zu mir: «Hallo Wolkenkratzer, wie ist das Wetter da oben?» Das machte mich damals ziem- lich sauer (lacht).
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