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 A man for all seasons
Text und Interview: Maximilian Marti Fotos: SRF/Oscar Alessio
1980, ein Jahr nachdem der Persische Herrscher Schah Mohammad Reza Pah- lavi gestürzt wurde, ahnte Iradj Bahram- poori, dass es mit grosser Wahrschein- lichkeit zum einem Krieg kommen würde. Weil er in der Schweiz studiert hatte und die Mutter von den Söhnen aus der Schweiz kommt, entschieden sie sich aus Angst vor dem Krieg, die beiden Buben in der Schweiz aufwachsen zu lassen. Deshalb flüchteten sie nach Be- ginn des Krieges aus dem Iran, liessen Hab und Gut zurück. Die Odyssee führte nach Chur, wo sich die Familie schnell einlebte. Aus ihrem einjährigen Sohn Salar Patrick Bahrampoori wurde der Mann, den wir heute kennen als TV- und Event-Moderator (Tacho, Glanz & Gloria, SRF bi de Lüt), Doku-Filmemacher und Journalist.
Herr Bahrampoori, welches sind Ihre frü- hesten Erinnerungen an Ihre Jugendjahre? Da war das zweisprachige Umfeld. Zu Hause pflegten wir unsere Kultur, also wurde Persisch oder Farsi gesprochen, draussen lernte ich den lokalen Dialekt. Be- sonders liebte ich es, im Schnee zu spielen und Skilaufen zu lernen, der Anfang meiner grossen Leidenschaft für Schneesport.
Später trainierten Sie beim Skiclub Rätia, wo Sie es sogar bis ins Rennkader schaff- ten. Danach kam die Ausbildung zum eid- genössisch diplomierten Schneesport- lehrer, darauf mehrere Jahre Unterricht an der Skischule St. Moritz, unter ande- rem als Skilehrer für Blinde. Was war das für eine Erfahrung?
Es ist eine Herausforderung, weil man als Instruktor die volle Verantwortung trägt. Das erfordert ununterbrochene Konzen- tration nicht nur auf die Bewegungen des blinden Menschen, sondern auch auf mög- liche, manchmal überraschende Abläufe. Man muss ständig auf alles gefasst sein, sonst können die geplanten vier Meter Stemmbogen plötzlich zur ungebremsten Abfahrt werden. Wenn nach einer Lektion diese Spannung nachlässt, bin ich jeweils
nudelfertig, aber die Freude und Dank- barkeit meiner Schüler und das strahlende Lächeln auf ihren Gesichtern sind die schönsten aller Belohnungen.
Ich habe den Eindruck, dass Sie sehr intensiv leben. Was ist Ihr Antrieb?
Es ist mehr Erkenntnis als Antrieb. Mit 21 verlor ich meinen Vater. Der Verlust liess mich erkennen, wie schnell alles vorüber sein kann. Ich begann viel bewusster zu leben, auf Details zu achten und alles zu geben für das, was ich gerade unternehme. Das gilt für meine Arbeit, den Umgang mit meinen Mitmenschen, für mein Privatleben und für meine Freizeit. Ich liebe es, meine Zeit auf verschiedene Aktivitäten zu vertei- len und alle möglichst optimal zu gestalten. Durch diese Einstellung hat mein Alltag enorm an Lebensqualität gewonnen.
Ihre DOK-Serie «Inshallah» erregte grosses Aufsehen. In Begleitung Ihres langjährigen Freundes Reto Wettstein reisten Sie in knapp 20 Tagen fast 6000 Kilometer durch 10 Länder in den Iran, um die Wurzeln Ihrer Familie kennenzu- lernen. Mit welchen Eindrücken kamen Sie zurück?
Nach dem Tod meines Vaters verblasste in meinem Leben die einst mitgebrachte Persische Kultur, an die ich mich als 40-Jähriger kaum noch erinnern konnte.
Diesen verlorenen Teil wiederzufinden war das Ziel unserer Reise. Leider haben sich die Befürchtungen meines Vaters bewahr- heitet. Die Menschen im Iran leben in einem restriktiven Regime. Was mich tief beein- druckte, ist, dass in den Haushalten die grossartige Gastfreundschaft und Hilfs- bereitschaft, der sorgfältige Umgang mit Traditionen und kulturellen Eigenschaften, das wundervolle Handwerk und die un- glaubliche Küche und vieles mehr von dem überlebt haben, was das Persien aus- machte, das wir damals verlassen muss- ten. Ich wünsche meinen Wurzeln besseren Boden.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf
am besten?
Dass ich mit so vielen unterschiedlichen Leuten zusammen so vieles unternehmen darf. Dass ich das, was ich gerne mache, mit anderen teilen und erarbeiten kann. Dass ich auch anderen dabei helfen kann, das Beste aus dem zu machen, wozu sie fähig sind. Dass ich vor und hinter der Ka- mera mit einem Team zusammenarbeiten darf, das die meisten meiner Ansichten teilt. Und natürlich, dass wir mit dem, was wir präsentieren, «bi de Lüt sind», wie man so schön sagt.
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