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 Goodbye Melanie, und vielen Dank
Text und Interview: Maximilian Marti Portrait (links): Nina Jelenc Actionbild (rechts): Mike Mathys
Eine der profiliertesten Solothurner Sportlerinnen verlässt die internationale Arena, die erfolgreiche Kanutin Melanie Mathys. Als mehrfache Medaillenträ- gerin bei den Wildwasser-Kanu-Welt- meisterschaften, Junioren-Weltmeisterin 2009, mehrfache Gesamtweltcup-Siege- rin und gefeierte Solothurner Sportlerin des Jahres kann sie auf eine stolze Kar- riere zurückblicken. 2019 gewann sie in Slowenien EM-Gold in der klassischen Distanz und Silber im Sprint, was berech- tigte Hoffnung aufkommen liess für Gold an der WM 2020 in den USA.
Diese Rennsaison, für die Melanie grosse Ziele hatte, fand aus zwingendem Anlass leider nie statt. Trotzdem will sich Melanie wie geplant vermehrt ihren beruflichen Zie- len widmen. Was bleibt, ist der funkelnde Diamant, den sie zum Kronschatz der Solo- thurner Sportgeschichte beisteuerte.
Melanie, wann und warum hast Du diese Sportart gewählt?
Als ich in der vierten Klasse war, stand an einem Sporttag Kanufahren auf der Liste – etwas, das ich noch nicht kannte. Ich war so angetan vom familiären Umgang im Solothurner Kanuclub, dass ich mich als Neunjährige für einen Kurs anmeldete. Da- mit war der erste Schritt getan in eine über- aus spannende, überraschend erfolgreiche, aber auch herausfordernde Zeit.
Was fasziniert Dich besonders am Kanu-Sport?
Dass man sehr naturnah unterwegs ist und die Stimmung auf dem Wasser am frühen Morgen. Man kommt an Orte, die den meis- ten verschlossen bleiben. Ich denke da an Schluchten, die ich durchpaddelt habe, die zu Fuss unerreichbar sind. Hoch über mir ein Stück blauer Himmel, unter mir das tür- kisfarbene Wildwasser, das hinterlässt tiefe Eindrücke. Solche Erlebnisse setzen natür- lich voraus, dass man nur den eigenen Fä- higkeiten und dem erreichten technischen Niveau entsprechende Gewässer befährt. Ich streite nicht ab, dass Wildwasserfah- ren risikobehafteter ist als zum Beispiel
Tennis oder Bowling. Entscheidend sind eine realistische Selbsteinschätzung und die nötige körperliche Verfassung. Wir Ka- nuten informieren uns, welche Abschnitte eines Wasserlaufs schlicht unpassierbar sind, und lassen wohlweislich die Paddel davon. Viele Novizen im Luftmatratzenfah- ren leben gefährlicher als wir.
Wie trainiert Ihr im Winter?
Einmal die Woche in der Halle, sonst wie ge- habt im Sommer, aber in mehrere Schichten gekleidet plus Handschuhe. Wenn noch die berühmte Solothurner Bise bläst, ist das si- cher nichts für Warmduscher, aber absolut notwendig, um in Form zu bleiben und fit zu sein für die nächsten Wettkämpfe.
Woran musstest Du an Dir selber am meisten arbeiten, um Weltklasse-Niveau zu erreichen?
Ich hatte das Glück, dass für mich von An- fang an alles ziemlich flott voranging. Später musste ich lernen, dem Erfolgsdruck stand- zuhalten und den inneren Schweinehund zu überlisten. Von Zeit zu Zeit fiel es mir schwe- rer, ans äusserste Limit zu gehen. Ebenso wurde mentales Training immer wichtiger, um die Nervosität vor dem Start in den Griff zu bekommen.
Warum beendest Du Deine sportliche Karriere auf dem Höhepunkt?
Ich verspürte bereits im letzten Jahr den Wunsch nach Veränderung. Zehn Jahre har- tes Training auf dem Wasser, dies bei allen Wettern, auch im Winter, nagten an meiner Motivation. Corona hatte nichts mit meiner Entscheidung zu tun, rückblickend weiss ich, dass es die richtige war.
Und was wirst Du in Zukunft machen?
Im Frühling 2020 habe ich mein Master- studium in BWL abgeschlossen. Seit Juni 2020 arbeite ich 100 Prozent als Produkt- Beraterin bei einer Firma für Software- Entwicklung. Unter der Woche trainiere ich immer noch jeden Tag, und einmal die Woche leite ich das Training für unseren Nachwuchs. So darf ich recht zufrieden zurückschauen, kann weitergeben, was ich gelernt habe, und mich freuen auf das, was auf mich zukommt. Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen, die mich dahin gebracht haben, wo ich bin, und wünsche allen gute Gesundheit, Freude am Leben und einen starken Glauben an sich selbst.
melaniemathys.com
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