Page 199 - Best ofSt. Gallen, Ausgabe 9
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 «Es ist wieder Zeit zum Ausrasten!» ...
Text und Interview: Regula Elsener Steinmann Foto linke Seite: Regina Jäger, reginajäger.ch Foto rechte Seite: Marcello Engi, fotomax.ch
... schrieb mal eine Zeitung – und meinte dies durchaus positiv: Wenn Bubble Beatz loslegen, wird es tatsächlich laut. Sehr laut. Künftig möchten Christian Gschwend und Kay Rauber allerdings etwas leiser treten. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Von Fässern über Strassenschilder und Radkappen bis hin zu Satellitenschüsseln: Alles, was ein Schrottplatz so hergibt, wird auf der Bühne zum Instrument. Ihre bild- und klanggewaltigen Auftritte machten das Drummer-Duo über die Grenzen hinaus be- kannt. 2010 schafften sie es gar ins Finale der deutschen TV-Show «Das Supertalent».
2020 feierten Bubble Beatz ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum. Die dazugehörige Tour- nee wurde von Corona jäh gestoppt. Dafür tüfteln die beiden nun in ihrem Herisauer Probekeller an einem neuen Programm, wie Kay Rauber (jew. rechts auf den Bildern) in unserem Gespräch verrät.
Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie beliebt sind Sie in der Nachbarschaft?
(Lacht) Ich schätze, wir würden eine 8 be- kommen. Denn es handelt sich um einen Luftschutzkeller in einem Geschäftsge- bäude. Wenn Chrigi und ich jeweils pro- ben, ist dort schon Feierabend. Grundsätz- lich beschäftigt uns das Thema «ihr seid zu laut» aber seit unserem Start.
In Ihrem Fall ist es aber auch schwer möglich, leise zu sein ...
Wir haben tatsächlich schon versucht, leise zu spielen. Aber es funktioniert nicht. Da geht so viel von der ganzen Kraft und damit auch der Wirkung verloren. Bubble Beatz sind laut, das gehört dazu! Wobei das neue Programm ein bisschen ruhiger wird.
Wie genau definieren Sie «ein bisschen»?
Allem voran verändern wir unsere Instru- mente. Sehen Sie, wenn eine Band ein Al- bum macht, schreibt sie neue Songs und nimmt die auf. Bei uns lag der Anspruch stets darin, immer wieder neue Klang- körper zu finden und das Publikum damit
zu überraschen. Nach vielen Jahren mit der Trashmachine – so nennen wir unser mit Alt- metallteilen behängtes Gerüst – war unser Konzept etwas ausgereizt. Also überlegten wir: Was bleibt von Bubble Beatz, wenn wir ohne Fässer und Keulen auftreten? Davor hatten wir grossen Respekt. Gleichzeitig reizte es uns, den Schritt zu wagen. Also zogen wir einen Vormittag lang durch die IKEA und hatten einen Riesenspass!
Bitte?
(Lacht) Ja, wir nahmen alles mit, was für uns in Frage kam: Tische, Pflanzenkisten, Blumentöpfe, Abfalleimer etc. Damit arbei- ten wir nun. «Back to the roots» sozusagen, denn genau so haben wir angefangen: Mit Dosen und anderen Alltagsgegenständen. Wir machten mehrere Test-Shows und wa- ren begeistert von der Stimmung. Es fühlt sich anders an, auch unsere Rolle verändert sich. Bisher sprachen wir ja kaum. Nun fin- det mehr Interaktivität mit dem Publikum statt, wir können Szenen auch mal etwas in die Länge ziehen. Inzwischen steht ein Pro- gramm von einer halben Stunde. Wie es am Schluss aussehen wird, ist noch offen. Das Ganze hat übrigens einen weiteren Vorteil: Wir müssen nicht mehr 1 1⁄2 Tonnen Material befördern – es reicht ein VW-Bus!
Sie sprachen vorhin die Pause im Jahr 2015 an. Damals war unklar, ob Sie überhaupt weitermachen. Da scheint es demnach keine Zweifel mehr zu geben? Nein. Wir lösten Bubble Beatz ja nicht auf, weil wir keinen Spass mehr hatten, sondern
weil ich mit einem Kollegen eine Weltreise machen wollte. Leider war die schnell been- det, da unser Segelschiff in der Karibik un- terging. Die Pause tat aber extrem gut: Sie war der Auslöser für die Veränderung. Viele rechneten nicht mit einer Rückkehr. Das gab uns eine gewisse Narrenfreiheit, ohne Er- wartungsdruck experimentieren zu können.
Interessant ist: Sie setzten trotz des grossen Erfolgs nie voll auf die Karte Bubble Beatz. Warum eigentlich nicht? Weil das Auftreten unsere Leidenschaft ist. Die Bühne sollte nie zum Zwang werden, weil wir damit Geld verdienen müssen. Christian arbeitet nach wie vor bei einer Bank, ich selbst war lange in der Jugendpsychiatrie tätig und gebe heute u. a. Handpan-Kurse (ein Blechinstrument, das immer mehr Zu- lauf findet, Anmerk. d. Red.). So konnten wir unsere Unabhängigkeit stets bewahren.
Sie sind ja auch beide 20 Jahre älter geworden, Christian ist inzwischen Familienvater. Wie stark hat dies die Entwicklung beeinflusst?
Man kann es wohl nicht mehr abstreiten. Früher spielten wir regelmässig spätabends an Festivals, kamen morgens um vier ins Bett. Das war eine coole Zeit, aber wie Sie sagen: Wir sind beide über 40, das Leben hat sich verändert. Künftig werden wir vermehrt auch auf Kleinstkunstbühnen auftreten. Da ist um 20 Uhr Konzertbeginn und um 23 Uhr sind wir zu Hause. «Das hät scho au öppis.»
www.bubblebeatz.ch
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