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 «Ich bin kein Verwaltertyp»
Text und Interview: Regula Elsener Steinmann Fotos: Thomas Buchwalder / CH Media
Er gehöre definitiv nicht zur «Bachelor»- Zielgruppe, sagt Roger Elsener lachend: zu alt und zu männlich. Trotzdem faszi- niert ihn das fast schon kultige Format von 3+.
Nicht zuletzt wohl deshalb, weil es in «sei- nem» Programmportfolio am stärksten polarisiert – und dennoch konstant gute Quoten holt. Denn Roger Elsener ist Ge- schäftsführer Entertainment von CH Media und damit des gesamten TV- und Radiobe- reichs und Chef von rund 500 Mitarbeiten- den. Die arbeiten bei acht Radios (u.a. Radio Pilatus, Radio 24) sowie mittlerweile stolzen zwölf TV-Stationen, darunter eben 3+, aber auch TV24 und Regionalsender wie Tele M1, TeleBärn oder TeleZüri. Der studierte Me- dien- und Kommunikationswissenschaftler ist seit bald 15 Jahren im Business. Für den US-Medienkonzern Viacom lancierte Else- ner u.a. von Berlin aus die Schweizer Ab- leger von MTV und Nickelodeon.
Wir treffen uns in einem Sitzungszimmer von TeleZüri. Noch bevor das eigentliche Inter- view losgeht, erzählt er von der starken Ver- bundenheit mit seiner Zuger Heimat.
Edlibach – Berlin – Edlibach. Das waren so in etwa Ihre Stationen, richtig?
(lacht) Nun ja, während des Studiums wohnte ich mal noch in einer WG in Zürich und nach meiner Berlin-Rückkehr eine Weile im Niederdorf. Aber mein Lebensmittelpunkt ist heute tatsächlich wieder in Edlibach. Wir konnten dort mein Elternhaus übernehmen und neu bauen. Ich finde es toll, dass meine Kinder nun ähnlich aufwachsen wie ich da- mals. Wenngleich sich natürlich ganz viel verändert hat. Früher gab’s noch keine so regelmässigen Bus-Verbindungen, dafür ein «Lädeli», und einmal pro Woche kam der Mi- gros-Wagen vorbei.
War das Grossstadtleben demnach eher eine Enttäuschung?
Nein, im Gegenteil! Diese Zeit war extrem bereichernd und gab mir auch eine gewisse Weltoffenheit. Ich ging damals sehr ehr- fürchtig nach Berlin – und merkte schnell, dass auch hier nur mit Wasser gekocht
wurde. Das war durchaus lehrreich. Ich hätte in Berlin nie alt werden wollen, wäre aber gerne noch etwas länger geblieben.
Warum sind Sie es nicht?
Weil ich meine heutige Frau damals schon kannte und ich diese Beziehung klar über die internationale Karriere stellte.
Ich bin überrascht: Sie erzählten nun be- reits ganz locker von Ihren Kindern, Ihrer Frau... dabei liest man sonst nie was Pri- vates. Wurden Sie bisher einfach nicht danach gefragt?
Nicht sehr oft, nein. Aber ich bin ja bewusst hinter den Kulissen und entsprechend kein Promi. Mein Sohn ist auf dem Pausenplatz nicht «der Sohn von...». Klar kennen mich die Leute in Menzingen – weil viele mit mir zur Schule gingen oder in den Sportverein, aber nicht wegen meines Jobs.
Gutes Stichwort: Die Jungen haben kein Interesse mehr am Fernsehen, die Werbegelder gehen massiv zurück, die Streaming-Dienste boomen. Denken Sie manchmal: Ach, wäre ich doch vor 25 Jahren TV-Chef gewesen?
Nein, denn ich betrachte die Lage vom Pro- dukt aus: Nie zuvor war der Konsum von Be- wegtbildern so gross wie heute. Was sich weiter fragmentieren wird, sind die Platt- formen: weg vom klassischen TV, hin zu neuen digitalen Möglichkeiten. Wenngleich ich betonen möchte, dass wir in den letzten Jahren trotz allem auch mit unseren TV-For- maten laufend Marktanteile dazugewinnen konnten.
Ach kommen Sie, ist da wirklich kein biss- chen Frust, wenn sie daran denken, wie einfach früher das Geld floss und wie we- nig Konkurrenz es gab?
(überlegt einen Moment.) Sehen Sie, ich bin kein Verwaltertyp. Fernsehchef zu sein hätte mich vor 25 Jahren wohl gar nicht sonderlich interessiert. Es ist genau diese Verschmel- zung von TV und Digital, die mich reizt, die ich voranbringen möchte. Daher arbeiten wir mit Hochdruck an unserer Streaming-Platt- form, die 2021 starten und uns ganz neue Möglichkeiten der Refinanzierung eröffnen wird.
Sie sind den ganzen Tag umgeben von Radio und TV. Brauchen Sie zum Aus- gleich etwas komplett anderes? Mögen Sie privat überhaupt noch irgendwas se- hen oder hören?
Ja durchaus, aber bei den eigenen Forma- ten schwingt natürlich der «Feedback-Blick» stets ein bisschen mit. Entspannung finde ich daher eher in der Familie, mit Freunden – und im Sport. Ich war in meiner Jugend ein richtiger Sportfanatiker, spielte u.a. sehr intensiv Unihockey. Und konnte mir nicht vorstellen, in irgendetwas mal eine derart tiefe Befriedigung zu finden wie im Sport. Ich habe mich getäuscht! Denn um auf Ihre Frage zurückzukommen: Mein Job ist so er- füllend, dass ich gar nicht krankhaft nach einem Ausgleich suchen muss. Er ist – wenn man so will – nebst der Familie meine liebste Alltagsbeschäftigung!
www.chmedia.ch
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