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«Wir sind eine Familie»
Neugierig auf Neues, gemein- sam weiterkommen und sich dabei aufmerksam und kompe- tent um die BewohnerInnen kümmern: Das zeichnet die Lernenden im Alters- und Pflegezentrum Escholzmatt- Marbach aus. Ein Blick hinter die Kulissen der Sunnematte.
Herbstliches Licht durchflutet den Speise- saal. Fröhlich ertönt ein Schwyzerörgeli aus dem Radio. Die BewohnerInnen freuen sich auf Währschaftes aus der Küche, in der Karin Wicki im August ihre Lehre begonnen hat: «Es gibt Zungenwurst, Sauerkraut und Kartoffeln», berichtet Karin Wicki. Zuerst lernte sie Bäckerin. «Mir gefiel die Lehre, doch du lebst an den Leuten vorbei», bringt sie es auf den Punkt. Es zog sie woanders hin: In der Sunnematte begann sie mit ei- nem kleinen Pensum in der Küche. Bald wurde daraus mehr: «Wir erkannten ihr Po- tenzial und schlugen eine Lehre vor», so Angelina Berisha, die sich mit ihrer Kolle-
gin Angela Suppiger um die Auszubilden- den kümmert. Karin Wicki mag ihre neue Herausforderung sehr.
«Feines Essen ist für unsere BewohnerIn- nen enorm wichtig. Wir kochen das, was sie von früher kennen und mögen. Damit sie sich zuhause fühlen.» Eingehen auf die Be- dürfnisse der Menschen: Das hat einen hö- heren Stellenwert als etwa in einem Spital. Dies begeistert Leiter Ruedi Scherrer nach wie vor. Vor bald vierzig Jahren, als Pflege- fachmann auf der Chirugie, «kam mir der Kontakt mit Menschen zu kurz». Im Alters- und Pflegebereich fand er als diplomierter Heimleiter seine Berufung. Jetzt ist sein be- ruflicher Rucksack reich gefüllt – wie der von Angelina Berisha. Der hohe Fokus auf das Knüpfen dauerhafter Beziehungen for- derten sie. «Ich kann das nie», dachte Ange- lina Berisha damals.
Doch sie blieb beharrlich, schrieb viel auf, kümmerte sich und stellte nach einer Ferien- abwesenheit plötzlich erfreut fest, dass die BewohnerInnen sie vermisst hatten. Dieses erste Erfolgserlebnis ist Jahre her, aber «solche Erfahrungen machen alle Lernen- den», so Frau Berisha. «Wir begleiten und unterstützen sie dabei.» Zudem wird ihnen
zum Selbststudium die Lernoase angebo- ten, ein ruhiges Büro mit Arbeitsplätzen und Computer. Auch Venita Shala nutzt diesen Ort regelmässig. Am Anfang ihrer Erstaus- bildung zur FaGe (Fachfrau Gesundheit EFZ) hatte sie ebenfalls eine gehörige Por- tion Respekt vor dem, was sie erwartete. Wie ging sie damit um?
«Der Austausch im Team hat mir damals viel geholfen, hilft mir auch jetzt.» Beziehungen knüpfen gehört zu ihren Kernaufgaben, «und es ist natürlich schön, wenn’s heisst: ‹Ich will Venita.›» Jetzt befindet sie sich bereits am Schluss ihrer Weiterbildung – zur Pflege- fachfrau HF. Hier wird sie mit neuen an- spruchsvollen Aufgaben betraut. So führt sie Anamnesen durch, entwickelt Therapie- pläne, etwa zur Mobilisierung von Bewohn- erInnen. Auch hier «geht es erst mal darum, dass mir die Menschen vertrauen. Nur dann sind sie offen». Die Frage, ob ältere Männer weniger über ihr Befinden reden, verneint Venita Shala entschieden: «Ich erlebe da keinen Unterschied. Die Männer können das genau so gut wie die Frauen.»
Aus- und Weiterbildung bedeuten in der Sunnematte, einen bunten Strauss an Mög- lichkeiten zu haben. «Für alle Mitarbeiten-

























































































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