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                                    721 BEST OF BEST OF PromiText und Intervie Thomas L%u00fcthiFoto: Mimmo MuscioDie versteinerte Wut im Gesicht weicht einem diabolischen L%u00e4cheln und wir realisieren: %u00abL%u00fcthi und Blanc%u00bb- B%u00f6sewicht Michael Frick hat gerade eine Niederlage gegen die Blancs erlitten, doch er weiss schon, wie er es ihnen heimzahlen wird. Momente wie diese zeigen beispielhaft, wie meisterhaft Frick-Darsteller Gilles Tschudi den Umgang mit der Kamera beherrscht.Gilles Tschudi ist dabei keine Rampensau: Er r%u00fcckt nicht nur sich selber in den Mittelpunkt, sondern bringt auch die Kolleg:innen zum Schillern. Beeindruckend ist zudem sein darstellerisches Spektrum. Auf der einen Seite der beliebteste B%u00f6sewicht der Schweizer TV-Geschichte, auf der anderen der Inbegriff von helvetischer Liebensw%u00fcrdigkeit: der HD-L%u00e4ppli, mit dem er im stets ausverkauften FauteuilTheater das Publikum begeistert(e). Was wiederum Tschudi begeistert. Diese Wechselwirkung mag sich Gilles Tschudi bei seiner Berufswahl in den 70er Jahren vielleicht ertr%u00e4umt haben. Doch am Anfang hatte er ein eher bescheideneres Ziel. Warum bist Du Schauspieler geworden?Eigentlich konnte ich gar nicht anders %u2026 Aber ich muss da etwas ausholen: Zuhause haben meine Mutter und mein Bruder viel geredet. Mein Vater und ich waren eher still. Bei mir hatte das auch mit meiner Herkunft zu tun: Ich wuchs zweisprachig auf %u2013 Franz%u00f6sisch und Deutsch. Ich konnte mich lange nicht gut ausdr%u00fccken und verf%u00fcgte nur %u00fcber einen begrenzten Wortschatz. Dagegen wollte ich was tun und eloquenter werden. Deshalb meldete ich mich an einer privaten Schauspielschule an und wechselte sp%u00e4ter an die Schauspielakademie in Z%u00fcrich. Aber war das der richtige Weg? Schauspieler:innen sagen ja eigentlich bloss %u00abfremde%u00bb Texte auf?Wenn das doch nur so einfach w%u00e4re (lacht). Bei mir ist das so: Jeder Text wird zuerst abgelehnt. Ich meine damit nicht, dass er schlecht ist. Ich habe einfach keinen Zugang. Den muss ich mir erst schaffen. Das geschieht, indem ich mich mit dem Text auseinandersetze, ihn manchmal auch umschreibe, so das er zur Figur passt. Wie war das bei %u00abL%u00fcthi und Blanc%u00bb? Da musste es beim Dreh doch h%u00e4ufi g schnell gehen?Umgeschrieben habe ich anfangs nat%u00fcrlich weniger. %u00abL%u00fcthi und Blanc%u00bb war ja eine grosse Produktion mit einer gewissen Hierarchie. Und diese Hierarchie konntest Du nur mit Leistung in Frage stellen. Am Anfang habe ich mich deshalb strikt ans Drehbuch gehalten. Und erst mit der Zeit brachte ich Vorschl%u00e4ge ein. H%u00e4ufi g in Form von K%u00fcrzungen, im Sinne von %u00abdas spiele ich, das muss ich nicht sagen.%u00bb Das stiess auf Resonanz und ich kriegte immer mehr Freiheiten.Was f%u00fcr ein Verh%u00e4ltnis hattest Du zu Michael Frick?Ich liebte diese Figur, ich h%u00e4tte sie noch jahrelang spielen k%u00f6nnen. Es kam immer mehr Gilles Tschudi in ihm vor, Michael Frick kriegte Eigenschaften von mir. Es war ein Bisschen wie der Hund und sein Herrchen. Die sehen sich mit der Zeit ja immer %u00e4hnlicher. Ich betrachtete ihn %u00fcbrigens auch nie als B%u00f6sewicht, sondern als einen Menschen mit vielen Facetten.Du stehst auch viel auf der B%u00fchne. Was ist der Unterschied zu Dreharbeiten?Du musst ein Gef%u00fchl entwickeln wie nah oder weit weg die Kamera ist. Und entsprechend %u00abkleiner%u00bb oder %u00abgr%u00f6sser%u00bb agieren. Ist die Kamera ganz nah, erzielen schon minimste Regungen maximale Effekte. Zudem hast du %u00abnur%u00bb die Figuren in der Szene als Zuh%u00f6rer. Auf der B%u00fchne kommt noch das Publikum im Zuschauerraum dazu. Dieses gilt es zu erreichen und zwar bis in die hinterste Reihe. Du bist schon in mehreren Fauteuil-Produktionen aufgetreten. Demn%u00e4chst wieder %u2026Ja, es ist eine Wiederaufnahme. In %u00abS perf%u00e4ggte Gheimnis%u00bb treffen sich Freunde zum Grillen. Die haben sich auf ein gewagtes Experiment eingelassen: Alle Handygespr%u00e4che m%u00fcssen %u00fcber Lautsprecher gef%u00fchrt, alle Nachrichten vorgelesen werden. Dabei stellt die Gruppe fest, dass es in ihrem scheinbar perfekten Freundeskreis mehr Heimlichkeiten gibt, als erwartet.Geburtsdatum: 6. M%u00e4rz 1957 in BaselAufgewachsen: BottmingenWohnhaft: Irgendwo im Neuenburger JuraIn K%u00fcrze: Der Sohn einer Mutter aus der Romandie wuchs zusammen mit seinem %u00e4lteren Bruder zweisprachig auf. Seit den 70er Jahren ist er als Theaterschauspieler und Regisseur t%u00e4tig und wirkte in zahlreichen Kino- und TV-Produktionen mit %u2013 im deutsch- und franz%u00f6sischsprachigen Raum. %u00abJeder Text wird zuerst abgelehnt %u2026%u00bb
                                
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