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  Florian Inhauser – Prince Charming von SRF?
Text und Interview: Bianca Ritter Foto: Oscar Alessio, Copyright/SRF
Adrettes Äusseres, ein Funkeln in den Augen, eleganter Wortwitz. So nehmen Herr und Frau Schweizer Tagesschau- Moderator Florian Inhauser wahr, der trotz oft nicht sehr optimistisch stim- menden News Haltung bewahrt, bewah- ren muss. Anders ist er, sympathisch ist er, den meisten jedenfalls. Aber wer ist er? Was denkt er? Einige Antworten auf einige Fragen, hier und jetzt.
Florian Inhauser, seit 2007 moderierst Du die Tagesschau und bist daher vielen Schweizerinnen und Schweizern vertraut und bekannt. Was bedeutet es für Dich, so prominent zu sein?
Das kommt halt mit dem Job. Aber deshalb macht man ihn ja nicht. Man sollte nicht Ur- sache und Wirkung verwechseln: Man kennt mich wegen des Jobs und nicht meinetwe- gen. Und so sollte man sich nichts auf die eigene Bekanntheit einbilden. Wenn unser Kater die Tagesschau moderieren würde, dann wäre der Kater der Cervelat-Promi.
In einer Kritik habe ich mal gelesen, dass Dein Auftritt als Mix von herablassendem Dandytum und anbiedernder Kumpanei bezeichnet wird. Ich z. B. finde die locker- flockige Art mit Wortspielen und Witz er- frischend anders. Wie beurteilst Du diese persönliche Note und wie viel Freiraum lässt Dir SRF in diesem Punkt? «Herablassend», «anbiedernd» – da mag mich jemand nicht. Und das steht ja jeder und jedem frei. Wie alle bei der Tagesschau habe ich halt meinen Stil. Und meine Hal- tung. Und die hat weder mit Herablassung noch mit Anbiederei zu tun. Wer Leon Huber vermisst, der kann mit mir nichts anfangen, keine Frage. Das verstehe ich. Ich könnte mir aber nicht vorstellen, anders zu mode- rieren, als ich es tue. Dann würde ich mich verstellen.
Bleiben wir noch rasch beim Thema Hu- mor. Wiederum kommt mir bei Deiner Mo- deration ein leicht anglophil angehauch- ter Schalk im Nacken in den Sinn. Magst Du auch britischen Humor à la Monty Python, Little Britain oder Miranda? Oder
anders gefragt: Über wen oder was lachst Du am liebsten?
Wie kann man Monty Python nicht mögen? Little Britain war auch toll. Aber die Tages- schau ist ja keine Comedy. Da gilt es, sehr konzentriert auf die Balance zu achten. Über mich selbst lache ich ziemlich oft, das ist dann so ein leicht verzweifeltes Lachen.
Und noch ein letztes Mal England. Als Du da gelebt hast, entstand unter dem Namen «Mein London» ein DOK für SRF. Was bewegt Dich, wenn Du an damals zurückdenkst? Magst Du auch englische Musik? Wenn ja, welche? Vielleicht sogar «Prince Charming» von Adam And The Ants ... schmunzel?
Musik ist für mich weniger eine Frage der Provenienz. Meine Playlisten sind von der Geografie her ein fürchterliches Durchei- nander. Aber auch ein schönes Durchein- ander. An Adam And The Ants erinnere ich mich. Also ein bisschen. Und London? Ein ganz wichtiger Teil meiner Biografie. Eine wahre Weltstadt. Ein atemloser Ort, aber auch ein Ort, an dem ich Freunde fürs Leben gefunden habe.
Zurück in die Schweiz. Du bist in den wil- den 68-ern in Aarau geboren und lebst seit Jahren mit deiner Frau, Tagesschau- Produzentin Katja Stauber, im Kanton Zürich. Zieht es Dich nicht ab und an zurück ins schöne Aarau? Was verbindest Du mit deiner Heimat?
Früher, bevor meine Mutter von Aarau in unsere Richtung gezogen ist, war ich noch häufiger in Aarau, seither eher selten. Das letzte Mal am Maienzug 2019, da durfte ich die Ansprache an der Morgenfeier halten – hohe Ehre! Mit Aarau verbinden mich vor allem Kindheits- und Jugenderinnerungen. Und die sind ja bekanntlich unauslöschlich. Meine jedenfalls.
Als Sonderkorrespondent hast Du nebst deiner Funktion als Tagesschau-Mode- rator aus Krisengebieten wie Mali, Sri Lanka, Indonesien, Iran, Pakistan berich- tet. Nach wie vor hat man den Eindruck, dass es auf der Welt immer schlimmer wird und dass alles um uns herum zuse- hends aus den Fugen gerät. Wie beurteilst Du die Lage?
Diese Wahrnehmung hat natürlich viel mit den Medien und dem gesteigerten Medien- konsum zu tun. Wer alle zehn Minuten auf die neusten Push-Meldungen auf seinem Handy starrt, bekommt halt den Eindruck, dass die Welt im Zehnminutentakt unter- geht. Was für den Moment sicherlich gilt, ist, dass wir in Zeiten grosser Umbrüche leben: Die USA sortieren ihre Aussen- und Sicherheitspolitik neu. China ist zum unbe- strittenen Wirtschaftsgiganten und damit Konkurrenten erwachsen, der Ansprüche stellt. Der Klimawandel wird zunehmend als globale Katastrophe, wenn auch in Zeitlupe, wahrgenommen. Und die Pandemie hinter- lässt Spuren, die bleiben werden.
Auf der einen Seite zeigst Du der Öffent- lichkeit Dein Image als «Tagesschau- Mann». Was bist Du auf der anderen Seite privat für ein Mensch? Was würde Katja über Dich sagen?
Das ist dann wohl der Moment, in dem ich sage: Das muss man Katja fragen. Ob in der Antwort «Prince Charming» vorkommt? – ich weiss nicht. Der Gesprächsstoff geht mit mir auch neben der Kamera nicht aus. Und mir der Lesestoff auch nicht: Meine Liste der Bücher, die ich «noch ganz unbedingt lesen muss», wächst pro Woche locker um drei, vier Titel. Dann gibt’s da den Garten, den ich sehr intensiv beobachte. Im Winter vor allem durchs Fenster.
«Zum Schluss noch dies», pflegte der frühere Tagesschau-Moderator Charles Clerc süffig und charmant als Schluss- punkt seiner Moderation anzufügen. Tritt Du doch bitte mal in dessen Fuss- stapfen, Florian. Zum Schluss noch dies, Doppelpunkt:
Ich werde mich hüten, in die Fussstapfen von Charles Clerc zu treten! Wer das tut, tut sich keinen Gefallen. Weil die viel zu gross und zu einzigartig sind. Niemand hat – falls denn nötig – den Hammer so dezent und ele- gant geschwungen wie Charles. Charles ist ein ehemaliger Tagesschau-Moderator, der auch heute noch ganz prächtig funktionie- ren würde. Das muss ihm erstmal jemand nachmachen. Das der Stand der Dinge im Moment. (grinst)
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