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  In solchen Zeiten zeigt sich, wie du als Paar tickst
Text und Interview: Regula Elsener Steinmann Fotos: festhalter – fotografie / René Tanner (links) Bruno Torricelli (rechts, vor dem Zelt)
Er ist total crazy, mit ihr kann man Pferde stehlen: So herrlich offen beschreiben sich Adrian und Cathrine Steiner im Ge- spräch mit «Best of Nordwest». Sogar die zwei pubertierenden Kinder seien oft vernünftiger als Mama und Papa...
Genau dieser Unvernunft – oder nennen wir es lieber Lust am Unkonventionellen – ver- danken wir aber viele Stunden beste Unter- haltung: Vor 18 Jahren gründete Adrian Steiner nämlich das erfolgreiche Tournée- theater «Das Zelt». Im ohnehin schon gesät- tigten Eventmarkt mit einer Mischung aus Zirkus und Theater durchs Land zu touren, das würde nicht jeder wagen.
Dabei ist Steiner eigentlich Anwalt und No- tar. Der Titel seiner Doktorarbeit lautete «Die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Zirkus- und Varietékunst». Klingt wenig glamourös, zeigt aber auf, wofür sein Herz eben auch noch schlägt: Sieben Jahre zog – oder besser fuhr – er mit dem Kunstrad durch die Manegen dieser Welt. Nach über 2000 Auftritten sei ihm sein Basler Büro heute bedeutend lieber.
Bei Cathrine Steiner verlief der Weg quasi umgekehrt: Sie kam ursprünglich als Event- managerin zu «Das Zelt», kümmerte sich also vor allem um operative Belange. Und spürte immer mehr, dass auch eine künst- lerische Seite in ihr schlummert: Inzwischen steht sie selbst als Sängerin auf der Bühne. Für ihre Kinder war es eher «en Schämer», als die Mama mit einer Rockband loslegte, meint sie lachend. Für sie aber ist es eine Herzensangelegenheit. Ganz besonders auch das neuste Projekt: Ende 2020 lief bei Sat 1 Schweiz erstmals die TV-Show «Stars + Heldä». Eine Idee, die aus der Not geboren wurde: Covid-19 hat die «Zelt»- Welt komplett auf den Kopf gestellt.
Zu Beginn müssen wir ein paar Begriff- lichkeiten klären: Soll ich Sie mit «Herr und Frau Direktor» ansprechen?
(Beide schmunzeln)
Adrian Steiner: Nun ja, wir sind kein klassi- scher Zirkus. Cathrine und ich ziehen auch
nicht wie andere Zirkus- direktoren im Wohnwagen durchs Land, sondern leben und arbeiten in Basel. Aber grundsätzlich sind wir tat- sächlich das Direktorenpaar von «Das Zelt». Wenngleich das eine etwas altmodische Bezeichnung ist.
Cathrine, Sie stehen als
Sängerin oder neu auch
als Moderatorin immer
öfter selbst im Scheinwer-
ferlicht. Dabei agierten Sie
lange ausschliesslich hin-
ter den Kulissen.
Cathrine: Ich bin da immer
noch auf einer Art Entde-
ckungsreise. Wissen Sie,
ich bewunderte kreative
Menschen schon immer für
ihr Talent. Als die Corona-
Krise über uns hereinbrach,
war dies für mich der Mo-
ment, mich wieder mal zu
besinnen und zu fragen: Wo
könnte mein Weg noch hin-
führen? Ich setzte mich ans
Klavier, fing an, zu kompo-
nieren und war überrascht, was da in mir schlummert. Ähnlich war es, als ich bei «Stars + Heldä» die Moderation übernahm: Diese Sendung ist mir auf den Leib ge- schnitten, weil sie von Menschen und ihren Schicksalen erzählt, aber dabei so viel Po- sitives ausstrahlt – gerade auch dank der involvierten Künstler.
Adrian: Das war schon ein Abenteuer: In- nert drei Wochen stampften wir im Frühling 2020 mit «Wir sagen Danke» erstmals eine Show aus dem Boden, die bei TV24 lief. Und Ende Dezember folgte dann «Stars+Heldä» bei Sat 1 Schweiz.
... Die laut dem Sender überdurchschnitt- lich hohe Quoten hatte. Ich nehme an, dass es eine Fortsetzung gibt?
Adrian: Ja, wir arbeiten an weiteren Ausga- ben. Corona hat unsere Live-Tournee kom- plett lahmgelegt, es gibt keinerlei Planungs- sicherheit. Und selbst wenn wir irgendwann wieder «normal» weitermachen können: Wir brauchen das Publikum! Wer weiss, wie lange es dauert, bis die Menschen bereit
sind, wieder kulturelle Veranstaltungen zu besuchen. Daher mussten wir ernsthaft überlegen, wie es weitergeht, und wagten den Schritt von der Bühne zum Bewegt- bild. Das ist unglaublich faszinierend und lehrreich.
Cathrine: Entscheidend war für uns, den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern bewusst etwas Positives, Lebensbejahen- des zu schaffen.
Adrian: Wir wurden quasi zu einer Ruhe ge- zwungen, die sehr viel Kreativität auslöste. Wie Cathrine schon sagte: Man muss sich besinnen, den Fokus neu ausrichten. Cathrine: In solchen Zeiten zeigt sich zu- dem auch stark, wie du als Paar tickst.
Und? Wie ticken Sie?
Cathrine: Zum Glück sehr ähnlich! Es ist ein schönes Gefühl, zu merken, dass man auch nach so vielen Jahren noch immer auf einer Linie ist, die gleichen Werte vertritt und Lust hat, gemeinsame Visionen umzusetzen.
www.daszelt.ch
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